Advent als Kraftquelle
Adventlich leben: Das Licht Gottes will in uns wohnen. Wer sich davon erleuchten lässt, kann gelassener und erfüllter leben – und voller Erwartung nichts erwarten.
Adventliche Menschen erinnern sich alltäglich, dass sie von großer Segenskraft bewohnt sind. Dank dieser heilsamen Erinnerung können sie die Angst vor ihrer Größe verlieren, ohne größenwahnsinnig zu werden und zugleich die Angst vor ihrer Kleinheit verlieren, ohne sich minderwertig zu fühlen. Die vielen adventlichen Lichter möchte uns erinnern an die lebensbejahenden Worte Jesu aus der Bergpredigt, dass auch in uns ein göttliches Licht aufscheint, damit wir Licht für andere werden können.
Dies gelingt, wenn wir dankbar in unsere Lebenskraft hineingehen, weil es nicht unsere Kraft ist, sondern die göttliche Segenskraft, die uns jeden Tag neu zur Dankbarkeit bewegen möchte: Jeden Morgen halte ich einen Moment inne. Ich atme tief ein und aus. Ich danke auch heute für das Geschenk meines Lebens.
Adventliche Menschen verwurzeln sich in der prophetischen Tradition, die uns ermutigt, konstruktive Kritik in Eigenverantwortung einzubringen und Visionen zu entfalten, damit Gottes Traum einer Welt, die zärtlicher und gerechter werden kann, auch im Aufbruch mit andern sich verwirklicht. Dabei geht es um die adventliche Lebenskunst, voller Erwartung nichts zu erwarten. Was für ein Widerspruch! Wie soll dies möglich sein? Indem wir erst recht in der zunehmend hektischen Vorweihnachtszeit uns Momente der Stille gönnen, in denen wir versuchen, einfach da zu sein, um auch bei uns selber zu Hause sein zu können: Sich Nischen der Stille schaffen. Mitten im Alltag innehalten. Tief ein- und ausatmen. Dank der Erinnerung, dass es wohl auf mich ankommt und nie von mir alleine abhängt.
Adventliche Menschen versuchen miteinander anzunehmen, dass wir ein Leben lang kraftvoll und verwundbar sein dürfen. Wer sich wie der Friedensmann aus Nazareth dem Leben liebend in die Arme wirft, der wird immer staunen und danken können, und er wird immer wieder auch traurig sein dürfen, schreiend nach Sinn, mitfühlend mit sich selbst und andern. Wenn helle und dunkle Stunden zu unserem Leben gehören dürfen, Lachen und Weinen, Hoffnung und Zweifel, dann können wir dem inneren Kind in uns selbst begegnen, dass uns verbindet mit dem Kind aus Bethlehem: Jeden Abend einen Moment innehalten. Tief ein- und ausatmen. Sich dankbar erinnern an all das Gelungene dieses Tages. Ein weites Herz auch für sich selbst haben im Annehmen des Unvollkommenen dieses Tages.
Adventliche Menschen vertiefen sich im großen Geschenk und Geheimnis unseres Lebens: Gott wird auch jetzt in uns geboren. Der Dominikanermönch aus Erfurt, Meister Eckart, der mir zu meinem Wegbegleiter geworden ist, sagte in seiner Weihnachtspredigt: »Die Menschen tun Unrecht, wenn sie sagen, die Menschwerdung Gottes ist nur in Bethlehem geschehen. Sie geschieht jetzt auch in dir …«.
Nie genug kann ich in diesen Hoffnungsgrund eintauchen, dass in meiner Menschwerdung, sich auch die Menschwerdung Gottes ereignet. Ich darf sie feiern, wenn ich meine Talente, die mir vom Himmel geschenkt sind, nicht vergrabe, aus Angst, es nicht allen recht machen zu können, sondern sie entfalte zu meiner Freude und zum Wohl der Gemeinschaft: In der Familie beim Entzünden der Adventskerzen voller Erwartung nichts erwarten. Voller Dankbarkeit erahnen, wie Gottes Liebe in unserem Zusammensein geboren wird. Als Hoffnungskraft, damit wir gastfreundliche Menschen werden, die Kranke, Fremde, Sterbende, Suchende begleiten. Weil dadurch der Stern aus Bethlehem als Vertrauenslicht in unserem Allag aufleuchtet.
Pierre Stutz ist Theologe und spiritueller Autor. Sein neues Buch heißt: Bei sich selber zuhause sein. Weihnachtliche Inspirationen. Mit Fotos von Andreas Göppel. Verlag Eschenbach, 8 Euro.
Impressionen vom Elbe-Tauffest
Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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