Panzer am Palmsonntag
Krieg: Panzer aus deutscher Produktion in Nord-Syrien, immer mehr Waffenexporte in Krisenregionen, neue Atomwaffen und Soldaten im Ausland – ist das alles normal?
Den Palmsonntag dieses Jahres werden die Christen von Afrin im Krieg begehen müssen. Und in Angst: vor türkischen Soldaten und den islamistischen Milizen in ihrem Schlepptau. Dabei war das von Kurden dominierte Gebiet in Nordsyrien bisher eine Insel relativen Friedens – auch zwischen den Religionen. Dass dies nun vorbei ist, liegt nicht zuletzt an deutschen Panzern.
Die sind beim türkischen Feldzug gegen die kurdische YPG-Miliz nach Augenzeugenberichten an allen Fronten im Einsatz. Trotz allen Lippenbekenntnissen genehmigte die Bundesregierung seit dem Beginn der Militäroperation im Januar seinem Nato-Partner Türkei weitere Rüstungsexporte in Höhe von 4,4 Millionen Euro. Es passt ins Bild.
Denn Deutschland ist der viertgrößte Waffenhändler der Welt, hat erst jüngst das schwedische Friedensforschungsinstitut Sipri festgestellt. Zwar gingen die Waffenexporte »Made in Germany zwischen 2013 und 2017 im Vergleich zu den fünf Vorjahren um insgesamt 14 Prozent zurück. Doch die Lieferungen in die Krisenregion des Nahen Ostens verdoppelte sich.
26 Prozent der deutschen Waffenexporte gehen mittlerweile an dortige Länder wie Saudi Arabien, das im Jemen Krieg führt. Die neue schwarz-rote Bundesregierung will zwar Lieferungen an in den Jemen-Konflikt direkt verstrickte Staaten stoppen. Doch zugleich weicht sie dieses Verbot mit einem »Vertrauensschutz« für bestehende Aufträge wieder auf.
Auch sonst muss sich die Rüstungsindustrie unter Union und SPD keine großen Sorgen machen. Die Ausgaben für die Bundeswehr sollen von derzeit 38,5 Milliarden Euro in den kommenden vier Jahren – parallel zu den Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit und zivile Krisenprävention – weiter steigen, heißt es im Koalitionsvertrag.
»Aus friedensethischer Sicht ist das nicht akzeptabel«, kritisiert Michael Zimmermann, der Friedensbeauftragte der sächsischen Landeskirche. Zusammen mit Kollegen aus anderen Kirchen hat er Bundestagsabgeordnete angeschrieben, um gegen eine Erhöhung des Wehretats von derzeit 1,2 auf 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu protestieren. Diese Richtung hatte die US-Regierung ebenso gefordert wie die CDU in ihrem Wahlprogramm. Von Zahlen ist jetzt keine Rede mehr.
Dafür hat Anfang März noch die amtierende Regierung die Verlängerung der sechs Auslandseinsätze von 2600 deutschen Soldaten beschlossen. In Afghanistan, Mali und im Irak sollen sie sogar noch ausgeweitet werden. Die deutsche Öffentlichkeit nimmt davon nur beiläufig Notiz, es ist kaum hinterfragte Normalität.
Der EKD-Militärbischof Sigurd Rink sieht in den Trainingseinsätzen der Bundeswehr für ausländische Soldaten »eine Art der Entwicklungszusammenarbeit im Bereich der Sicherheitskräfte für einen friedlichen Wiederaufbau.« Der sächsische Friedensbeauftragte Michael Zimmermann hält mit Blick auf die Lage in Afghanistan dagegen: »Dass ein Teil der Auslandseinsätze nichts gebracht hat, ist klar. Es wird über Verlängerungen gesprochen, ohne über zivile Alternativen für den Staatsaufbau nachzudenken«.
Auch bei den Atomwaffen bleibt Deutschland doppeldeutig. Die neue Regierung wolle deren Abzug aus Deutschland und Europa sowie eine »nuklearwaffenfreie Welt«, steht im Koalitionsvertrag – einerseits. Andererseits wolle man »solange Kernwaffen als Instrument der Abschreckung« in der NATO eine Rolle spielten an »Planungsprozessen« teilhaben. Einen UN-Vertrag über ein weltweites Verbot von Atomwaffen blockiert Deutschland weiterhin.
Schon planen die USA neue kleine und gezielter einsetzbare Atomwaffen, Russland prahlt ebenso mit ihnen. Und in Nordkorea ist zu besichtigen, dass ein bisschen Frieden vielleicht einmal zu wenig sein kann.
Impressionen vom Elbe-Tauffest
Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna