Frieden machen mit dem Krieg?
Debatte: Wie hält es die Kirche mit dem Frieden? Das wird zur EKD-Synode im Herbst neu diskutiert. In Frage stehen die Auslandseinsätze. Sind sie legitim oder zu hinterfragen?
Die Debatte um die Friedensfrage ist in der Kirche neu entbrannt. Sigurd Rink, oberster Leiter des protestantischen Militärkirchenwesens in Deutschland, hat kürzlich das Buch »Können Kriege gerecht sein?« veröffentlicht. Der Buchtitel setzt ein Fragezeichen hinter den neuen Friedensdiskurs der Ökumene. Dabei hat nicht nur Papst Franziskus klar gesagt: »Kein Krieg ist gerecht. Die einzig gerechte Sache ist der Frieden.« Diese Feststellung wird hierzulande auch von mehreren evangelischen Landeskirchen – ohne Hinzufügung eines Fragezeichens – sowie in bedeutsamen Entschlüssen der Ökumene auf weltkirchlicher Ebene getroffen.
Rink nimmt rundherum positiven Bezug auf Martin Luthers Schrift »Ob Kriegsleute in seligem Stande sein können« (1526). Luther rechtfertigt darin die tötende Gewaltausübung des »rechtschaffen[en] und göttlich[en]« Soldatenstandes im Auftrag der Staatsobrigkeit. Weil Gott ja selbst, wie der Reformator glaubt, der Obrigkeit das Schwert überreicht hat (Römerbrief 13), gilt: »[D]ie Hand, die das Schwert führt und tötet, ist dann auch nicht mehr eines Menschen Hand, sondern Gottes Hand, und nicht der Mensch, sondern Gott henkt, rädert, enthauptet, tötet und führt den Krieg. Das alles sind seine Werke und sein Gericht.«
Sigurd Rink will die aus seiner Sicht überzeugendsten Kapitel der Kriegsschrift Luthers so heranziehen, dass der Reformator gewissermaßen zum Ahnherr des heutigen militärischen Konzepts der »Schutzverantwortung« erscheinen kann. Zu überprüfen bleibt allerdings, ob dieser Ansatz innerhalb der Welt, in der wir leben, ein tauglicher Beitrag sein kann. Immerhin schreibt Rink selbst: »Manchmal frage ich mich, wenn ich mich mit den Auslandseinsätzen der Bundeswehr beschäftige [...], ob ich nicht schon abgestumpft bin, den Krieg als Realität akzeptiert habe und militärische Gewalt nicht mehr als die zwangsläufig Tod, Leid und Zerstörung bringende, unbedingt zu vermeidende Ausnahme betrachte.« Oder: »Afghanistan macht mich ratlos, ich muss es gestehen.« Ich lese solche Passagen als Hilferuf und auch als entscheidenden Anknüpfungspunkt für einen Dialog zwischen dem Autor und jener friedenskirchlich ausgerichteten Christenheit, die die Illusionen des Militärischen als unvereinbar mit einem zukunftsträchtigen Zivilisationskurs der menschlichen Gattung bewertet. Wer Ratlosigkeit, Zweifel und Widersprüche angstfrei zur Sprache bringt, begibt sich auf den besten aller denkbaren Wege.
Martin Luthers altruistischer »Notwehrkrieg der Nächstenliebe« ist in unserer Welt nirgendwo ansichtig. Der militärische Heilsglaube stellt – wie gehabt – unentwegt seinen Bankrott unter Beweis. Spätestens ab 2006 haben tausende Christinnen und Christen von unten die großen Kirchen in einer Ökumenischen Erklärung aufgerufen, eine Militarisierung der deutschen Politik öffentlich anzuklagen.
Namhafte Stimmen warnen in diesem Jahr verstärkt vor einer Aufrüstungsspirale sondergleichen, die freilich schon längst entfesselt ist. Militärbischof Sigurd Rink beschreitet den gegenteiligen Weg, indem er für eine Erhöhung der deutschen Militärausgaben plädiert. Das Buch endet mit einem Appell: »Deutschland ist weltweit an militärischen Einsätzen beteiligt [...]. Das militärische Engagement der Bundeswehr geschieht in unser aller Namen, in der Verantwortung der deutschen Gesellschaft. Wir müssen diese Verantwortung wahrnehmen.« Gegenüber diesem Wort der Militärkirchenleitung sei klargestellt, dass das sogenannte deutsche Militär-»Engagement« keineswegs im Namen der friedenskirchlich ausgerichteten Christen erfolgt. »Wir« halten den Militärapparat für ein Gefüge, dessen Heilsversprechen weltbrandgefährlich ist.
Impressionen vom Elbe-Tauffest
Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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