Botschaft muss hinaus
Ostern: Die Corona-Maßnahmen zwingen Gemeinden zur Kreativität – und zum Bruch mit Traditionen. Und das zum höchsten Fest im Kirchenjahr.Benjamin Stahl versucht es positiv zu sehen. »Wir sind momentan hochflexibel«, sagt der Dorfpfarrer über die Gemeinde. Was in der Karwoche und zu Ostern vor Ort alles nicht geht, das weiß der 35-Jährige: kein gemeinsames Tischabendmahl am Gründonnerstag, keine Andacht zur Sterbestunde am Karfreitag, kein gemeinsames Osterfeuer, keine Ostergottesdienste. Was stattdessen möglich ist, hat er mit der Gemeinde lange beraten und vor wenigen Tagen entschieden. Die Namen seiner vier Dörfer auf halbem Weg zwischen Dresden und Bautzen möchte der Pfarrer nicht in der Zeitung lesen, damit sich in dieser Corona-Zeit keine Ortsfremden eingeladen fühlen.
»Wir brauchen Gemeinschaft ohne einen festen Ort«, nennt Benjamin Stahl die Herausforderung. »Ich bin hin- und hergerissen zwischen notwendiger Seelsorge und den Kontaktverboten«, sagt der Vater von bald vier Kindern. Um die Osterbotschaft trotzdem unter die Menschen zu bringen, werde es in diesem Jahr einen Osterspaziergang mit verschiedenen Stationen geben, berichtet Pfarrer Stahl. Dazu gehöre eine Kurzandacht zu einem österlichen Bild, das Osterlachen, Kirche legen mit Naturmaterial, Fürbitte und Segensstation sowie Bildkarten zur Osterbotschaft. Am Abend des Karsamstags sollen die Stationen in den vier Dörfern aufgebaut werden. Am Ostersonntag können die Gemeindeglieder dann einzeln die Stationen ablaufen, ohne sich dabei zu nahe zu kommen. »Die Osterbotschaft macht sich auf den Weg«, nennt Benjamin Stahl die Idee – und zieht mit dem großen Osterlicht aus der Kirche ins Dorf.
Auch der Posaunenchor sollte am Ostersonntag die Auferstehung Jesu verkünden. Es wurde untersagt. Der Landesgeschäftsführer der Sächsischen Posaunenmission, Frieder Lomtscher, hatte schon vor wenigen Tagen Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) dazu angefragt. Kretschmer hatte im MDR-Hörfunk geantwortet, dass er das gemeinsame Musizieren zu Ostern selbst in kleiner Runde nicht wünsche. »Wir in Görlitz sind immer zum Heiligen Grab gegangen, haben die Osterprozession gemacht. Das geht dieses Jahr nicht«, berichtete er auch über persönliche Betroffenheit.
Über die massiven Einschnitte für Christen gibt es intensive Diskussionen. So habe Landesbischof Tobias Bilz dazu einen Brief an den Ministerpräsidenten geschrieben, hieß es aus dem Landeskirchenamt. Gleichzeitig gebe es Gemeinden, die immer noch Gottesdienste und Abendmahl feiern.
Für Ostern haben Gemeinden nun verschiedenste Ideen entwickelt: Osterkerzen beim Bäcker oder Primeln auf der Kirchentreppe zum Mitnehmen, eine Telefonkette im Schneeballsystem mit der Auferstehungsbotschaft, das Abholen des Osterlichts an der Kirche. Sogar ein Flugzeug mit einem großen Banner »Der Herr ist auferstanden« war im Gespräch – aber nicht mehr zu realisieren.
Folgendes Programm bietet die Landeskirche zum Mitfeiern zuhause an:
Gründonnerstag, 17 Uhr: Gemeinsames Agapemahl mit dem Landesbischof per Livestream aus der Diakonissenhauskirche in Dresden. Brot und Weintrauben können zuhause vorbereitet werden.
Karfreitag, 10 Uhr: ARD-Fernsehgottesdienst aus der Unterkirche der Frauenkirche in Dresden mit dem Landesbischof, gleichzeitig als Hörfunkgottesdienst bei MDR Kultur. 15 Uhr: Zur Sterbestunde Jesu werden überall die Kirchenglocken läuten. Dazu kann ein Gebet gesprochen werden (siehe Kasten unten).
Ostersonntag, 6 Uhr: Mit Glockengeläut wird die Botschaft von der Auferstehung Jesu vom Tod verkündet. 10 Uhr: Ostergottesdienst mit dem Landesbischof aus der Nikolaikirche Leipzig im Livestream. Im Gottesdienst und in den Wohnungen wird gemeinsam das Osterlicht entzündet und Taufgedächtnis gefeiert.
Ostermontag, 10 Uhr: MDR-Rundfunkgottesdienst aus der Kirche in Dresden Leubnitz-Neuostra, parallel übertragen im landeskirchlichen YouTube-Kanal per Livestream.
Auch im sächsischen Regional- und Lokalfernsehen werden an den Feiertagen Gottesdienste aus der Region übertragen.
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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