Gott kommt. In die Welt. Selbst in die Finsternis. Das wird Christen im Advent besonders bewusst. Aber in diesem Jahr, im Angesicht von Corona, mag mancher den Eindruck gewinnen, dass Gott sich verbirgt und schweigt. Ich erlebe diese Zeit mit gemischten Gefühlen: Ich vermisse das Samstagsfrühstück im Café mit ausgiebiger Zeitungslektüre, was ich seit meinem Studium pflege. Und noch mehr fehlt mir am Sonntag das Singen mit der Gottesdienstgemeinde. Manche Freunde haben den direkten Kontakt reduziert oder vermeiden ihn. Und das kann ich verstehen. Menschen reagieren auf Bedrohungen nun einmal unterschiedlich. Umso dankbarer bin ich dafür, öfter ein befreundetes Ehepaar zu treffen. Und mehr als früher freue ich mich über Kleinigkeiten wie den Smalltalk im Alltag und ein Lächeln, das mir geschenkt wird.
Zu den Überraschungen dieser Tage gehört, dass in meinem Bewusstsein plötzlich Worte auftauchen, die ich im Herzen und Hirn aufbewahrt habe. Dazu gehört die Losung des Kirchentages, den ich 1975 in Frankfurt am Main besuchte: »In Ängsten und siehe wir leben.« Sie bringt auf den Punkt, was Paulus im 2. Korintherbrief Kapitel 4 bis 10 schreibt. Gerade in der Corona-Zeit sollte man diesen Abschnitt (wieder) lesen. In der Grundschule lernte ich den Choral »Wer nur den lieben Gott lässt walten« auswendig. Seltsamerweise ist die Strophe hängengeblieben, die mir als behütetem Kind wohl wenig sagte: »Was helfen uns die schweren Sorgen, was hilft uns unser Weh und Ach? Was hilft es, dass wir alle Morgen beseufzen unser Ungemach? Wir machen unser Kreuz und Leid nur größer durch die Traurigkeit.« So kommt Gott zu mir, indem mich alte Worte aus Bibel und Chorälen berühren.
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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