Für Werte in der Wirtschaft
Markt: Die Kirche sowie christliche Unternehmer suchen nach einer Wirtschaft, die dem Leben dient. Dabei tauchen auch Streitfragen auf.Als Landesbischof Tobias Bilz am vergangenen Donnerstag mit einer Kirchendelegation das EDEKA-Logistikzentrum Berbersdorf besuchte, staunte er über die große und gesteigerte Wirtschaftsleistung des Großhandelsunternehmens. Wie Betriebsleiter Stephan Kleyer informierte, konnte die Umschlagkapazität des Lebensmittellogistikzentrums in den letzten Jahren deutlich gesteigert werden und das bei einer gleichbleibenden Zahl von knapp 400 Mitarbeitenden. Dies sei durch moderne Automatisierungen im Bereich der Lager- und Logistiktechnik möglich geworden. »Handel ist Wandel« so beschrieb Stephan Kleyer die Wachstums- und Optimierungsbestrebungen seines Unternehmens, was Tobias Bilz anregte, eine Parallele zu seiner Landeskirche zu ziehen: »Viele wünschen sich bei der Kirche, dass alles so bleibt, wie es ist, aber in Bewegung zu bleiben, spielt auch für uns eine wichtige Rolle.«
Herausgehoben wurde das Besondere der EDEKA-Handelskette: Dass sie genossenschaftlich organisiert ist und eine knappe Mehrheit der Genossenschaftsanteile im Besitz der selbstständigen Einzelhändler ist. So können sie vor Ort ihr Warenangebot selbst gestalten und durch regionale Lieferanten eigene Sortimentschwerpunkte setzen – ein besonderer Wert in globalisierten Zeiten. Auch hier sah Bischof Bilz eine Verbindung zur Kirche: »Als Landeskirche stellen wir einen Grundstock an Versorgung zur Verfügung, aber es braucht auch das individuelle regionale Angebot vor Ort.« Der Betriebsbesuch war Teil des traditionellen Erfahrungsaustauschs sächsischer Kirchenleitender mit der Arbeitswelt.
Auch eine Zusammenkunft der »Initiative für evangelische Verantwortung in der Wirtschaft« am Wochenende in Bremen suchte nach Wegen, um Wirtschaft und christliche Werte miteinander zu verbinden. Unter dem Titel »Klimawandel entschleunigen! Was können wir tun?« diskutierten etwa 150 christliche Firmenchefs über technische Innovationen und nachhaltige Politik. Christlich geprägte Unternehmer könnten eine Vorreiterrolle im Kampf gegen den Klimawandel übernehmen, sagte der Vorsitzende der Initiative Ralf Swetlik dem epd. Denn der christliche Gedanke mit Blick auf die Bewahrung der Schöpfung sei in dem Netzwerk stärker verankert. »Dazu kommt: Im Mittelstand gibt es kurze Entscheidungswege, Innovation, Flexibilität, Offenheit für Veränderungen im Markt. Da wird einfach gemacht und nicht auf einen Fünf-Jahres-Plan gewartet oder auf Börsenkurse geschielt.«
Die Klimakrise mit ihren dramatischen Folgen passiere jetzt und zwinge zu noch konsequenterem Handeln, so Swetlik. Vieles sei noch möglich. Nötig sei beispielsweise Sonnen- und Windenergie statt fossiler Brennstoffe. Gefragt seien konsequente Emissionsbegrenzungen, gemeinsam mit innovativen Technologien und nachhaltiger Politik. Dabei zeigen Erfahrungen, dass sich Investitionen in den Umweltschutz rechneten, ergänzte Swetlik.
Bereits im April hatte sich der Arbeitskreis Evangelischer Unternehmer in Deutschland (AEU) in einem Impulstext für die Verteidigung und Verwirklichung der sozialen Marktwirtschaft ausgesprochen und dabei die Bedeutung des »Privateigentums mit daraus erwachsenden Verpflichtungen« betont. Das Eigentum als Kern der Marktwirtschaft hatte allerdings vor wenigen Wochen der rheinische Präses Thorsten Latzel in einem Gespräch mit der AEU in Frage gestellt. »Nur eine radikal andere Sicht auf die Welt kann die Menschen dazu bringen, anders zu leben als bisher«, sagte er. Dazu gehöre es auch, über die Leitmodelle Wirtschaft, Markt und Eigentum in der sozialen Marktwirtschaft zu reden. Angesichts von Klimawandel und wachsender Weltbevölkerung könne der Mensch nicht länger allein im Zentrum von Glauben und Handeln stehen. Die Kirche solle zu der Frage anregen: »Wo brauchen wir Markt und Eigentum, und wo brauchen wir etwas anderes?«
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