DDR-Bürgerrechtler Werner Schulz gestorben
Werner Schulz war eine der bekanntesten Persönlichkeiten der DDR-Opposition. Im Unterschied zu anderen Protagonisten von 1989 blieb er auch im gesamtdeutschen Politikbetrieb eine wichtige Stimme. Nun ist er mit 72 Jahren gestorben.
Der frühere DDR-Bürgerrechtler und langjährige Grünen-Abgeordnete Werner Schulz ist tot. Er starb am Mittwoch am Rande einer Veranstaltung im Schloss Bellevue in Berlin. Der 1950 im sächsischen Zwickau geborene Schulz wurde 72 Jahre alt. Sein Tod löste vor allem bei ehemaligen Mitstreitern große Betroffenheit aus. Viele würdigten ihn als überaus engagierten Kämpfer für Demokratie und Freiheit.
Schulz war einer der wenigen DDR-Bürgerrechtler, die sich auch im gesamtdeutschen Politikbetrieb über viele Jahre durchsetzen konnten. Als Mitglied von Bündnis90/Die Grünen saß er von 1990 bis 2005 im Bundestag. Von 2009 bis 2014 war er zudem Mitglied des Europäischen Parlaments.
Sein politisches Engagement begann nach der Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 in der kirchlichen Friedens- und Umweltbewegung. Er war Mitbegründer des Neuen Forums und saß mit am Zentralen Runden Tisch der DDR. In den 2000er Jahren war er auch Mitglied im Präsidium des Deutschen Evangelischen Kirchentages.
Schulz war am Mittwoch Gast bei einer Veranstaltung des Bundespräsidenten im Schloss Bellevue zum Thema »Wie erinnern wir den 9. November? Ein Tag zwischen Pogrom und demokratischen Aufbrüchen«. Am Rande dieser Veranstaltung erlitt er einen Zusammenbruch. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier brach die Veranstaltung daraufhin ab. Der Präsident des Zentralrates der Juden, der Arzt Josef Schuster, habe noch vergeblich versucht, Schulz zu reanimieren.
Steinmeier nannte den verstorbenen Bürgerrechtler in einem Schreiben an dessen Witwe Monika Schulz »eine jener mutigen Persönlichkeiten, denen wir alle in unserem wiedervereinten Land den Fall der Mauer verdanken«. Er habe sich »aus vollem Herzen und mit großer Kraft sein Leben lang für die Demokratie und die Freiheit« eingesetzt: »Für seine Courage, seine stets aufrechte Haltung und zugleich für seine Analysekraft habe ich ihn zutiefst bewundert.«
Für seine Verdienste war Schulz mehrfach geehrt worden, so zweimal mit dem Bundesverdienstkreuz. Zuletzt hatte er im Juni 2022 den Deutschen Nationalpreis erhalten.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) zeigte sich von seinem Tod schockiert. Schulz habe wie kein anderer den Totalitarismus des SED-Regimes und den Unterschied zur Demokratie und Rechtsstaatlichkeit begreifbar machen können. »Er war Bürgerrechtler durch und durch. In der damaligen DDR, im Bundestag und Europaparlament war er ein glaubwürdiger Kämpfer für Demokratie und Freiheit«, fügte sie hinzu.
Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt von den Grünen überbrachte den Abgeordneten des Bundestages während einer Befragung der Bundesregierung die Todesnachricht. Sie betonte, Schulz sei parteiübergreifend im Bundestag anerkannt gewesen – »ein Ostdeutscher von Herkunft, ein Gesamtdeutscher im Herzen, ein Europäer mit besonderem Blick auf Osteuropa, ein unermüdlicher Streiter für die Freiheit«.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) schrieb bei Twitter: »Mit dem Tod von Werner Schulz verstummt eine wichtige Stimme der deutschen Demokratie.« Auch Zentralratspräsident Schuster würdigte Schulz als engagierten Demokraten.