»Die stärksten Kritiker finde ich oft in der Kirche«
Promi-Abend in der Evangelischen Studierendengemeinde Leipzig mit EKD-Synodenpräses Anna-Nicole HeinrichZwei Jahre nach Beginn der Pandemie öffnet die Evangelische Studierendengemeinde Leipzig nun wieder ihr Haus in der Alfred-Kästner-Straße für regelmäßige Veranstaltungen. Vierzig junge Menschen kamen vergangenen Donnerstag zum »Promiabend« mit Anna-Nicole Heinrich, der Vorsitzenden der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). »Ich hab im Programm gesehen, dass sie kommt«, erklärt Julian, »deshalb bin ich heute hier«.
Wie Julian sind auch viele andere zum ersten Mal da, um die 26 Jahre alte Studentin aus Regensburg zu erleben. Seit einem Jahr bekleidet sie ehrenamtlich eines der höchsten Ämter der EKD. »Ich hab es noch nicht bereut«, resümiert Heinrich und verweist darauf, dass fast zwanzig Prozent der Synodalen jünger sind als 27.
Studierendenpfarrer Markus Franz freut sich über das große Interesse. Zwei Jahre lang waren viele Treffen nur online möglich, die Teilnahme sei zurückgegangen. »Wenn man den ganzen Tag online Veranstaltungen hat, braucht man das dann abends nicht auch noch«, erklärt Pia. Die junge Frau aus Hannover kam im Oktober 2021 zum Chemiestudium nach Leipzig und wurde wenige Monate später in die Gemeindevertretung gewählt. »Hätte es anfangs nicht die Treffen im Haus gegeben, hätte ich den Kontakt zur Gemeinde nicht gefunden.«
Viele der Studierenden betonen, wie wichtig ihnen die Gemeinschaft ist. »Ich will da ungezwungen sein können, entspannt reden«, sagt Elisabeth, »der erste Schritt in neue Gruppen fällt mir oft schwer«. Sie freut sich über die lockere Atmosphäre beim Abendbrot mit frisch gekochtem Eintopf, an manchen Tischen ist lautes Lachen zu hören.
Der Kontakt steht auch beim Vortrag im Vordergrund. Die Stühle stehen im Kreis, alle können sich sehen. »Wir wollen uns hier vorn nicht allein unterhalten«, erklärt Jakob, der seit mehreren Jahren in der Gemeinde aktiv ist. Nach wenigen Minuten melden sich die ersten Studierenden und fragen die junge Präses nach dem Einfluss von Kirchenleitungen. Heinrich betont die Verantwortung der Gemeinden: »Die übergeordneten Instanzen können den Gemeinden nicht alles abnehmen, die brauchen die Basis.« Entscheidend für Veränderungen in der Gesellschaft sei die Beziehungsarbeit vor Ort.
Gelassen reagiert Heinrich daher auch auf eine Frage nach der Entscheidung der sächsischen Landessynode, dem Bündnis United4Rescue nicht beizutreten. »Falls sich dadurch mehr Gemeinden mit dem Thema Seenotrettung befassen, dann hat der Antrag doch sein Ziel erreicht.« Kritik an unkonventionellen Ideen ist für die Philosophiestudentin ohnehin nichts Neues. Seit 2017 engagiert sie sich im Vorstand der Evangelischen Jugend in Deutschland für die Erneuerung der Kirche, im Gespräch mit den Studierenden in Leipzig fordert sie eine stärkere Beteiligung am politischen Klimagebet. »Die stärksten Kritiker finde ich oft in der Kirche«, so Heinrich, »nicht außerhalb«.
Dabei geht es der Präses nicht nur um Politik. Auch für geistliche Fragen brauche es vertrauensvolle Beziehungen. Sie selbst habe nach ihrer Wahl zur Präses einige Freunde eingeladen unter dem Motto »Bibel, Pizza, Bier« und mit ihnen über ihre Beziehung zu Gott gesprochen. Die Studierenden sollten daher ihre Kontakte nutzen. »Die ESG ist so ein vertrauensvoller Ort«, erklärt Heinrich. Noch bis spät in den Abend setzten die Studierenden ihre Gespräche fort.
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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