Evangelische Kirchgemeinden laden am Reformationstag (31. Oktober) in ganz Sachsen zu Festgottesdiensten und Konzerten ein. Das Reformationsfest, das in diesem Jahr auf einen Dienstag fällt, ist in Sachsen und weiteren acht Bundesländern ein staatlich geschützter arbeitsfreier Feiertag. Die Evangelisch-Lutherische Landeskirche teilt anlässlich des Reformationsfestes mit, wo und wie gefeiert wird und worin der Ursprung des Festes liegt.
Landesbischof Tobias Bilz: Mit radikaler Hoffnung die Zukunft vorbereiten
Landesbischof Tobias Bilz nimmt den Reformationstag in diesem Jahr zum Anlass, auf die veränderte Weltlage und die damit verbundenen Verunsicherungen einzugehen. Er verweist auf die Bedeutung des Reformationstages, der ja Veränderung und Erneuerung im Namen trage. Martin Luther habe damals nicht geahnt, welche tiefgreifenden Veränderungen sein Handeln in der Kirche und weit darüber hinaus auslösen würde. Angesichts der Krisen und Kriege und auch der Probleme der Kirchen gäbe es auch heute ein Gefühl, dass sich gerade Dinge veränderten. Manche sehnten sich nach Veränderungen, viele hätten aber auch Angst davor. Landesbischof Bilz wirbt für Hoffnung, sogar für radikale Hoffnung: »Der Glaube an diesen Jesus von Nazareth gibt heute unzähligen Menschen Kraft, mit ihren kleinen und den großen Katastrophen der Welt fertig zu werden und daran zu glauben, dass es danach gut werden wird. Radikale Hoffnung heißt, dass durch die Katastrophe hindurch das Neue kommt.« In diesem Sinne wünsche er sich, dass Menschen den Mut fänden, nicht nur die Schwierigkeiten der Gegenwart zu sehen und zu beklagen, sondern gemeinsam aktiv die Zukunft vorzubereiteten und zu gestalten. Ganz im Sinne der Baumpflanzaktion in der vergangenen Woche, bei der der Landesbischof gemeinsam mit jungen Menschen in einem Kirchenwald bei Schwarzenberg über 500 junge Bäume gepflanzt hatte.
Festgottesdienste, Konzerte und Familienangebote zum Reformationstag
Traditionell predigt der sächsische Landesbischof im Gottesdienst zum Reformationsfest im Dom zu Meißen. Der Gottesdienst beginnt um 10 Uhr. Die liturgische Leitung hat Superintendent Andreas Beuchel inne, die musikalische Ausgestaltung übernehmen Domkantor Thorsten Göbel (Leitung und Orgel) mit dem Domchor und der Domkurrende. Es erklingt die Kantate »Jauchzet Gott in allen Landen« von Johann Sebastian Bach, BWV 51. Gleichzeitig findet am Reformationstag auch der Herbstkapiteltag im Hochstift Meißen statt. Die Domherren des Domkapitels kommen zusammen und werden im Festgottesdienst den Ornat bestehend aus weißem Chormantel, Soutane und Barett tragen.
In Dresden beginnt der Fest- und Sakramentsgottesdienst zum Reformationsfest in der Kreuzkirche um 9:30 Uhr, gestaltet von Superintendent Christian Behr und dem Vokal- und Instrumentalensemble »Capella Sanctae Crucis Dresden« unter der Leitung von Kreuzorganist Holger Gehring, welche die Kantate »Ein feste Burg ist unser Gott« von Georg Philipp Telemann aufführen. Der Festgottesdienst in der Dresdner Frauenkirche wird ab 10 Uhr als Live-Übertragung auf MDR Kultur zu hören sein. Pfarrerin Angelika Behnke wird predigen, die Musik mit Auszügen aus Jan Dismas Zelenka »Te Deum« in D wird unter Leitung von Matthias Grünert durch den Kammerchor der Frauenkirche und das ensemble frauenkirche dresden gestaltet.
Das Kirchspiel Dresden-Neustadt lädt um 10 Uhr zu einem Kirchspiel-Gottesdienst zum Reformationsfest mit musikalischer Begleitung durch die Bachkantorei in die Martin-Luther-Kirche ein. In der Christuskirche Dresden-Klotzsche gestalten um 10 Uhr der Posaunenchor und die Junge Gemeinde erstmals gemeinsam einen Gottesdienst unter dem Thema »Singt dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder.« Die Jugendlichen erarbeiten und übernehmen die Textlesungen, die Bläserinnen und Bläser die Musik – nach den Wünschen der Jugendlichen.
Zu einem Reformationsfest mit »Lutheater« wird am Reformationstag um 17 Uhr in die Kirche Reichenberg eingeladen. Die Reichenberger Laienspielgruppe führt mit »Auf Messers Schneide« die Besucher in eine Zeit, in der Luthers Leben am seidenen Faden hing – und zeigt den Reformator als Menschen, der sehr wohl Angst hatte. Zugleich wird auf dem Fest für alles ehrenamtliche Engagement in den Gemeinden des Kirchspiels in der Lößnitz gedankt und im Anschluss an die Aufführung zum kulinarischen »Käthering« (in Anspielung auf die Frau des Reformators) eingeladen.
In der Dresdner Lukaskirche wird um 19 Uhr zum »Luther-Rock« mit der Pfarrerband »Die Schwarzen Löcher« eingeladen. In dem Rock-Gottesdienst werden die liturgischen Teile des traditionellen evangelischen Gottesdienstes durch entsprechende Songs - oft mit Texten von Martin Luther – ersetzt. »Die alten Luther-Texte sind erstaunlich aktuell und passen in ihrer Sperrigkeit zum Blues-Rock von Hennig Olschowsky, Hans-Jörg Rummel, Michael Leonhardi.«, heißt es in der Ankündigung.
In Leipzig wird am Reformationstag um 9.30 Uhr zu einem Gottesdienst mit Bachkantate in die Thomaskirche eingeladen. Im Rahmen des Festjahres »Bach 300« erklingt die Kantate »Nur jedem das Seine«, BWV 163. Es singen und musizieren Marie Luise Werneburg (Sopran), Nora Steuerwald (Alt), Daniel Johannsen (Tenor), Tobias Berndt (Bass), das Collegium Musicum ’23 und Johannes Lang an der Orgel unter der Leitung von Nadja Zwiener. Es predigt Pfarrerin Britta Taddiken.
Zur Eröffnung des Stadtteilzentrums Westkreuz in der Heilandskirche Plagwitz wird 10 Uhr unter dem Motto »Vis á vis mit Gott – Den Rest machen wir« mit einem Gottesdienst der Umbau der Kirche und die Verwandlung des Kirchenraumes gefeiert. Musikalisch und tänzerisch begleitet wird die Feier von Mareike Greb (Tanz), Jonas Timm (Piano), Uwe Steinmetz (Saxophon) und einem Vokalensemble unter Leitung von Gregor Meyer. Weitere Mitwirkende sind Vikarin Charlotte von Ulmenstein, Pfarrer Martin Widiger und Pfarrer Martin Staemmler-Michael.
In der Friedenskirche Gohlis und in der Heilig-Kreuz-Kirche Neustadt beginnen jeweils 10 Uhr Gottesdienste zur Kirchweihe – Die Friedenskirche feiert das 150. Jubiläum, die Heilig-Kreuz-Kirche ihr 129. Jubiläum. In der Martin-Luther-Kirche Markkleeberg-West wird im Gottesdienst, der um 10 Uhr beginnt, das Schauspiel »Causa Lutheri« über das Leben des jungen Martin Luther aufgeführt. Die Darsteller, der Jugendchor und Instrumentalisten kommen aus den Markkleeberger Kirchgemeinden. Die Leitung hat Kantorin Susanne Blache. In der Peterskirche wird um 10 Uhr ein gemeinsamer Gottesdienst mit der Bethlehemgemeinde gefeiert und anschließend zum Gemeindekirchentag eingeladen. Bis 15 Uhr gibt es Workshops, Angebote für Kinder, »snip and talk«, Mittagessen, einen Verkaufsstand mit selbst hergestellten Marmeladen, Sirups, Säften u. ä. Auch die Andreasgemeinde lädt am Reformationstag von 10 bis 17 Uhr zu einem Gemeindetag in das Gemeindehaus ein. Dazu heißt es in der Einladung: »Die Kirche ist immer eine zu reformierende – das gilt auch für unsere Andreasgemeinde. Wir brauchen aktuelle Visionen, um zukunftsfähig zu sein. Wir haben die Ausrichtung an Christus und seinem lebendigen Wort nötig, um an seiner Seite auch morgen Gemeinde zu bauen und als ›Licht und Salz‹ in unserer Gesellschaft zu wirken.« Ein Gottesdienst um 17 Uhr beschließt den Tag.
Um 14 Uhr beginnt in der Kreuzkirche Störmthal (Großpösna) der Festgottesdienst zum Jubiläum »300 Jahre Orgelweihe durch J. S. Bach«. Die Predigt hält der Leipziger Superintendent Sebastian Feydt. An der Orgel wird Thomasorganist Johannes Lang musizieren. Um 19 Uhr wird dann zu einem festlichen Kantatenkonzert eingeladen. Das Collegium Musicum 23 sowie Chor und Solisten werden unter anderem die Orgelweihkantate »Höchsterwünschtes Freudenfest« zu Gehör bringen. Die Leitung hat Nadja Zwiener.
Zum Konzert für Orgel und Gesang wird um 17 Uhr in die Hainkirche St. Vinzenz Lützschena eingeladen. Sopranistin Lili Hein wird an der Orgel von Kilian Homburg begleitet. Zur gleichen Zeit erklingen in der St. Moritzkirche Taucha italienische Orgelwerke aus vier Jahrhunderten. Lukas Förster musiziert unter dem Motto »Zwischen Schmerz und Freude«. Dem Gambenvirtuosen Carl Friedrich Abel (1723–1787) ist 17 Uhr das Konzert in der Thomaskirche gewidmet. Thomas Fritzsch (Gambe) und Harald Vogel (Orgel) lassen Werke von C. F. Abel, J. S. Bach und J. Chr. Bach erklingen. In der Universitätskirche St. Pauli am Augustusplatz beginnt 17 Uhr ein Festgottesdienst zum Reformationstag. Es predigt Prof. Dr. Frank M. Lütze. Den musikalischen Rahmen setzen die Leipziger Universitätskantorei und die Johann-Walter-Kantorei Torgau mit »500 Jahre Evangelisches Kirchenlied«. Die ausführliche Gottesdienst- und Veranstaltungsübersicht Leipziger Kirchen ist unter www.kirche-leipzig.de zu finden.
In Chemnitz wird um 15 Uhr zu einem Abendmahlsgottesdienst und anschließendem Kirchenkaffee und Reformationsbrötchenessen in der Stiftskirche Chemnitz-Ebersdorf eingeladen.
Im Dom St. Marien in Wurzen erklingt um 17 Uhr geistliche und weltliche Vokalmusik mit dem Männerquintett »Ensemble Felix« unter dem Titel »O du stille Zeit – Musik zum Abend und zur Nacht«. Im ostsächsischen Bautzen wird um 10 Uhr zu einem Kirchspielgottesdienst in den Dom St. Petri eingeladen, in dem der Posaunenchor spielt. Alle Familien sind zu einer »Familienkirche« um 10 Uhr in die Michaeliskirche eingeladen. Ein Gottesdienst mit Konfirmanden wird zur selben Zeit im Großröhrsdorfer Ortsteil Bretnig mit Pfarrer Tobias Schwarzenberg gefeiert. In der St. Nicolai-Kirche in Pulsnitz beginnt ebenfalls um 10 Uhr ein regionaler Bläsergottesdienst.
Im Kirchenbezirk Vogtland lädt die St. Laurentiuskirchgemeinde in Auerbach am Reformationstag 09:30 Uhr zum Bläsergottesdienst mit Posaunenchor ein. Predigen wird Pfarrerin Dr. Schmutzler. Zeitgleich findet ein Gottesdienst mit Abendmahl in Markneukirchen sowie in Altensalz statt. Ebenfalls 09:30 Uhr wird in Lengenfeld ein Allianzgottesdienst mit dem Posaunenchor inkl. Kindergottesdienst angeboten. Der gemeinsame Gottesdienst für alle Plauener Stadtgemeinden mit in der Lutherkirche wird 10 Uhr beginnen. Am Nachmittag wird zu einem ökumenischen Gottesdienst mit Kirchenkaffee nach Erlbach eingeladen.
Kollekte für das Gustav-Adolf-Werk in Sachsen
Die in den Gottesdiensten am Reformationstag gesammelte landeskirchliche Kollekte kommt traditionell dem Gustav-Adolf-Werk in Sachsen (GAWiS) zugute. In diesem Jahr werden Spenden für die ev.-luth. Kirchengemeinde in Sudice (Tschechien) gesammelt. 50 km nördlich von Brno (dt. Brünn) befindet sich das Dorf Sudice (dt. Suditz). Da es vor Ort keine Kinderbetreuungsmöglichkeit gab, wollten Eltern aus der evangelischen Kirchengemeinde – als Alternative zur staatlichen Schule im nahen Boskovice – eine Schule mit einem christlich-reformpädagogischen Konzept eröffnen, in der die Kinder individueller gefördert werden, die Beziehung zur Natur eine Rolle spielt und in der die evangelische Kirchengemeinde mitwirken kann. Inzwischen ist aus dem heruntergekommenen früheren Schulgebäude ein evangelischer Kindergarten und eine Grundschule für ca. 60 Kinder entstanden. https://www.gustav-adolf-werk.de/gaw-sachsen.html
Zum Hintergrund
Am Reformationstag erinnern sich evangelische Christen weltweit an den Beginn der Reformation durch Martin Luther. Als junger Mönch und später als Theologieprofessor benannte Martin Luther die Widersprüche zwischen seiner Glaubenserkenntnis und dem damaligen kirchlichen Leben. Seine Kritik veröffentlichte er 1517 in Wittenberg in Form von 95 Thesen, mit denen er sich gegen den Ablasshandel wandte und eine Reform der Kirche anregen wollte. Die Reformbewegung, die er damit auslöste, ergriff nicht nur das kirchliche Leben, sondern hatte Auswirkungen auf alle Bereiche der Gesellschaft. Heute ist Martin Luther als Reformator und Begründer der evangelischen Kirche weltbekannt. Der Reformationstag erinnert daher auch an eine schmerzliche Spaltung der Kirche.
Luthers Erkenntnisse sind bis heute wichtige Grundlagen der evangelischen Kirchen. Mit der Übersetzung der Bibel in die deutsche Sprache und der Einführung von Deutsch als Gottesdienstsprache ermöglichte er allen Christinnen und Christen, sich die Inhalte des Glaubens selbst anzueignen und sich ein eigenes Urteil zu bilden. Luthers Definition des »Priestertums aller Getauften« findet ihren Ausdruck darin, dass in evangelischen Gemeinden auch Laien (Nicht-Theologen) nach einer Ausbildung Gottesdienste halten sowie Mitglied von kirchlichen Leitungsgremien sein können. Frauen im Pfarramt sind in evangelischen Kirchen selbstverständlich. Durch seine Heirat mit Katharina von Bora hat Martin Luther das Ende des Zölibates in den Kirchen der Reformation eingeleitet und damit die Tradition des evangelischen Pfarrhauses begründet. Gesellschaftliche Relevanz hatte die Reformation u.a. für Bildung und Sozialpolitik. So geht die Leisniger Kastenordnung von 1523 auf ein Gutachten Martin Luthers für die Stadt Leisnig zurück und gilt als wichtige Bedingung für die Entstehung evangelischer Kirchgemeinden und als Modell lutherischer Soziallehre.
Impressionen Frühjahrssynode 2024
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
Zum Vergrößern hier klicken.
Weitere Impressionen finden Sie hier.