Feiertag im Leipziger Alltag
Katholikentag bringt zu Fronleichnam Dialog mit Gastgeberstadt in Gang - Signale für soziale Gerechtigkeit und politische Klarheit
Am ersten Tag der inhaltlichen Arbeit sind auf dem 100. Deutschen Katholikentag in Leipzig übergreifende politische Fragen diskutiert und Brückenschläge zwischen Christen und Nicht-Gläubigen unternommen worden. Bundespräsident Joachim Gauck warb am Donnerstag unter der Fragestellung "In welcher Gesellschaft wollen wir leben?" für Gelassenheit und Augenmaß im Umgang mit artikulierten Ängsten. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) sprach sich für mehr Steuergerechtigkeit aus. Auch Innerkirchliches kam mit der Diakoninnen-Weihe zur Sprache.
Staatsoberhaupt Gauck zeigte sich in einer Podiumsdiskussion sehr einverstanden damit, wenn die Politik nicht gleich erschrecke, nur weil jemand laut "Angst, Angst, Angst" rufe. Wichtig sei zu prüfen, wie realistisch die vorgebrachten Sorgen seien. Die heutigen Möglichkeiten der Meinungsbildung führten dazu, dass bestimmte Dinge durchs Land waberten, sagte Gauck. "Deshalb brauchen wir auch ein Training der seriösen Debatte und da zählt das Argument und nicht nur das ängstliche Gesicht", betonte er.
Bundesarbeitsministerin Nahles sprach sich auf einem Podium unter der Überschrift "Reichtum verpflichtet. Zum verantwortlichen Umgang der Kirche mit ihrem Vermögen" gegen Millionenspenden von reichen Menschen und für reguläre Steuerzahlungen aus. "Ich will diese Form der Reichtumsverteilung nicht", sagte sie mit Blick auf öffentlichkeitswirksam getätigte Spenden von Internet-Unternehmern. Stattdessen sollte Reichtum besteuert werden, so dass der Staat über die Verteilung entschieden könne. Die Kluft zwischen Armen und Reichen in der deutschen Gesellschaft werde immer größer, sagte Nahles und sprach von einer Schieflage.
Am Morgen hatte der Berliner Erzbischof Heiner Koch auf dem Augustusplatz in der Innenstadt zu einer solidarischen Gesellschaft aufgerufen. Christen müssten sich einsetzen für das Leben eines jeden Menschen, sagte er in seiner Fronleichnamspredigt. Der katholische Feiertag Fronleichnam ist in Sachsen anders als in sechs Bundesländern im Süden und Westen Deutschlands kein Feiertag. "Gott ist auch im Alltag mitten unter uns", sagte Koch, der als damaliger Dresdner Bischof den Jubiläums-Katholikentag bewusst nach Leipzig geholt hatte, wo sich nur gut vier Prozent der Menschen zum katholischen Glauben bekennen und insgesamt knapp 20 Prozent der Bevölkerung christlich sind.
Dieser säkularen Herausforderung stellen sich die Veranstalter, das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), mit vielen Angeboten unter der Überschrift "Leben mit und ohne Gott". Dazu waren die Einwohner Leipzigs kostenlos eingeladen. Mit der Aktion "100 Begegnungen an 100 Orten" setzte der Katholikentag am Donnerstag zudem auf den den Dialog zwischen Leipzigern und Gästen.
Zur zuletzt vieldiskutierten Diakoninnen-Weihe wurde bekannt, dass sich das ZdK zusammen mit der katholischen Deutschen Bischofskonferenz dafür einsetzen will. Beim nächsten Treffen des Komitees und der Bischöfe solle es einen entsprechenden Beschluss geben, sagte ZdK-Vizepräsidentin Karin Kortmann.
Die Debatte über die Nicht-Einladung von AfD-Vertretern auf Podien des Katholikentags ging am Donnerstag im Netz weiter. Die Partei selbst verschärfte ihren Ton gegen die großen christlichen Kirchen. Das Engagement von katholischer und evangelischer Kirche für die Flüchtlinge sei von wirtschaftlichen Interessen bestimmt, schrieb der bayerische AfD-Vorsitzende Petr Bystron.
Zum 100. Deutschen Katholikentag werden bis Sonntag rund 32000 Dauerteilnehmer und mehrere tausend Tagesgäste erwartet. Auf dem Programm stehen unter dem Leitwort "Seht, da ist der Mensch" mehr als 1000 Diskussionsrunden, Workshops, Konzerte und Gottesdienste.
Impressionen vom Elbe-Tauffest
Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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