Mit dem bayerischen Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm hat die EKD einen Professor an ihrer Spitze, der mit Flüchtlingen Weihnachten feiert.
Der strahlende Gewinner nach seiner Wahl: Der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm ist neuer Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). ©
Steffen Giersch
Die Wahl schien schon gelaufen, bevor sie begonnen hatte. »Da kommen aufregende Zeiten auf Sie zu«, flüsterte Günther Beckstein, der Vize-Präses der EKD-Synode, Deborah Bedford zu. Da wusste die Frau des bayerischen Landesbischofs schon in der Pause vor dem Wahlgang der EKD-Synode in Dresden, dass sich ihr Familienleben demnächst gewaltig ändern wird.
Als dann noch der sächsische Landesbischof Jochen Bohl ans Rednerpult trat, um den Wahlvorschlag des EKD-Rates zu präsentieren, war auch klar: Es gibt keinen Plan B, für den der Sachse als Übergangskandidat gehandelt wurde. »Wir sind uns im Rat sehr schnell einig geworden«, verkündete Bohl. »Es wird sie nicht völlig überraschen, wenn wir Ihnen Professor Doktor Heinrich Bedford-Strohm vorschlagen.« Überrascht war wirklich niemand.
Heinrich Bedford-Strohm betritt die EKD-Bühne. Sehr aufrecht, sehr freundlich, sehr klar, sehr um Demut bemüht. Er wolle bis zur nächsten Wahl im Herbst 2015 das zu Ende bringen, was sein wegen der Krebserkrankung seiner Frau zurückgetretener Vorgänger Nikolaus Schneider angefangen habe, sagt der bayerische Landesbischof den EKD-Synodalen: »Unabhängig davon, wen die nächste Synode wählen wird.«
Die Synodalen ihrerseits zeigten ihm mit ihren Stimmen, dass sie gar niemand anderes wollen: 106 von 125 Anwesenden stimmten für ihn. Großer Applaus, Landesbischof Bohl umarmt den neuen EKD-Ratsvorsitzenden als erster. Er scheint erleichtert, die meisten Synodalen scheinen erleichtert. Drei Ratsvorsitzende haben sie in nur einer Amtszeit gewählt.
Wer wissen will, welche Hoffnungen dieser 54-Jährige mit der rot-braunen Hornbrille weckt, der erst seit drei Jahren bayerische Landesbischof ist, muss nur ins Internet sehen. Ein Youtube-Video zeigt ihn, wie er den Heiligen Abend in einem Münchener Flüchtlingsheim feiert. »Hast Du das Gefühl, hier gut aufgehoben zu sein?«, fragt er dort eine Afghanin. Ganz vertraut, es ist echtes, menschliches Interesse. Bedford-Strohm flirtet durchaus mit der Kamera, aber er versteht es genauso, mitten in diesem quirligen Weihnachtsabend im Asylbewerberheim aus dem Stehgreif zu predigen. »Joseph und Maria und ihr kleines Kind mussten auch fliehen und sie wurden an der Grenze von Ägypten glücklicherweise nicht abgewiesen«, sagt er – und appelliert bei der Gelegenheit gleich an die Behörden, Flüchtlinge willkommen zu heißen.
Heinrich Bedford-Strohm ist ein Professor reinsten Wassers, lehrte in den USA, Süfafrika und in Bamberg, ein Schüler und Freund des früheren EKD-Ratsvorsitzenden Wolfgang Huber. In den großen Themen unserer Zeit ist der Franke ohnehin zuhause. Sterbehilfe-Debatte: Er schreibt gerade ein Buch übers Sterben. Gerechtigkeit: Bedford-Strohms Doktorarbeit trägt den Titel »Vorrang für die Armen«. Waffenlieferungen an die Kurden: Bedford-Strohm ist dafür. Nicht weil er es sich am Schreibtisch überlegt hätte, sondern weil er im September selbst bis an die allervorderste Front des Kampfes gegen den IS-Terror im Irak gegangen war und die veralteten Waffen der Peschmerga mit eigenen Augen sah. Bei Facebook kommuniziert der neue Ratsvorsitzende sowieso, auf der EKD-Synode freute er sich über die 3000. »Gefällt mir«-Angabe auf seiner Seite.
»Wir wollen uns in die öffentlichen Diskussionen einmischen«, kündigte Heinrich Bedford-Strohm vor der Synode an. »Aber nicht, indem wir uns als die besseren politischen Kommentatoren aufspielen – sondern geistlich.«
Dann tritt er vom Rednerpult, will gehen – und vergisst für einen Moment, dass da noch das Synodenpräsidium mit Blumenstrauß zur Gratulation ansteht. Heinrich Bedford-Strohm ist schon auf Betriebstemperatur. Als hätte er nie etwas anderes gemacht.
Hier können Sie sich die Rede von Herrn Bedford-Strohm zur Annahme der Wahl und Dank an seinen Vorgänger Nikolaus Schneider anschauen:
Diskutieren Sie mit