Ich bin ein Fundamentalist. Ich stehe fest auf dem Fundament der Liebe Gottes. Dieses Fundament hat drei Säulen. Da ist zunächst sein Wort. Dieses Wort begegnet mir in der Bibel. Dort sehe ich, wie es lebt, wie es sich durch die Zeiten hin zieht, sich Menschen öffnet und von ihnen weiter getragen wird. Wenn ich selbst die Bibel lese, so spricht es mich an.
Dann ist da Jesus, der Christus. "Einen anderen Grund kann niemand legen, als den, der gelegt ist, welcher ist Christus." so schreibt es Paulus an die Christen in Korinth. In diesem Jesus begegnet mir Gott als der LIebende. Sein Kreuz steht da und ich spüre, das es für mache Menschen eine Torheit ist und sich, auch unter den Christen, mancher darüber ärgert. Aber hier sehe ich Gott für mich und mein Unvermögen einen Weg gehen, den eben nur jemand geht, der sehr liebt.
Dann ist da die Gemeinschaft, die ich dort finde, wo Menschen sich dem öffnen, was Gott sagt und was Gott tut. Ich weiß, das Himmel und Erde vergehen werden und vorher auch mein armes Leben. Aber ich weiß, dass diese Gemeinschaft, die unter Wort und Christus lebt, gehalten ist von dem Geist Gottes. Wir kommen von ihm her und wir leben auf ihn hin. Das kann es dem, der sich darauf einlässt, leicht machen, die Liebe zu spüren, mit der er uns trägt und sie dann auch zu leben. Dazu gehört, das ich nicht richte. Wer wirklich auf dem Fundament steht, der kann nicht richten. Der kann nur offen sein für den anderen, auch für den, den er nicht versteht und mit ihm um Verstehen ringen.
Jeden Tag neu versuche ich das zu tun. Jeden Tag neu fühle ich, das es nicht leicht ist. Jeden Tag neu bitte ich Gott um Kraft dafür, auf diesem Fundament zu bleiben.
Gert Flessing
Die Welt in schwarz und weiß
Fundamentalismus ist ein Kind der Angst: Die einen fürchten um ihre Freiheit, die anderen um Gottes Wort. Auch in Sachsens Landeskirche ist das zu spüren.Religion rüttelt die Menschen wieder. Auf die gesamte Menschheitsgeschichte gesehen ist das nichts sonderlich Neues – im weitgehend atheistischen Ostdeutschland allerdings schon. Zehntausende gehen auf sächsische Straßen gegen die Islamisierung des Abendlandes, Islamisten wiederum drohen mit Terroranschlägen in Dresden, und Fernsehsender recherchieren alarmierend so wie gerade der MDR über christlichen Fundamentalismus.
Hat das eine mit dem anderen zu tun? Nein – und irgendwie doch. Der Begriff des Fundamentalisten ist eine christliche Erfindung, konservative Protestanten in den USA gaben sich vor gut 100 Jahren selbst diese Bezeichnung. Sie wollten mitten im Strudel der Moderne zurück zum Fundament, zur irrtumslosen Bibel – gegen eine liberale Theologie, die historisch-kritisch jeden Stein in ihr umdrehte.
Heute ist der Begriff zum Angstbild geworden. Und zur rhetorischen Keule. Je fremder einer Gesellschaft die Religion wird, desto furchterregender erscheint sie ihr, wenn sie mehr beansprucht als nur Wellness für die Seele. Eine linksliberale Öffentlichkeit hat Angst vor einem konservativen Christentum, die Konservativen von Pegida haben Angst vor einem konservativen Islam. Auch Salafisten wollen schließlich zurück zur reinen Lehre. Das Urteil: Fundamentalismus.
Was die Kritiker am stärksten beunruhigt: Dass Gläubige aus heiligen Schriften Forderungen ableiten für die ganze, im Osten mehrheitlich nicht-gläubige Gesellschaft. Das muss als Bedrohung gesehen werden. Scharia statt Grundgesetz? In Deutschland bislang undenkbar. Doch auch der jährliche »Schweigemarsch für das Leben« in Annaberg-Buchholz, bei dem hunderte Christen gegen straffreie Abtreibungen protestieren, wird in einer Studie der grünen Böll-Stiftung als Beleg für Fundamentalismus – diesmal christlicher Art – angeführt.
Oder die Debatte über gleichgeschlechtliche Paare in Pfarrhäusern, die seit Jahren in Sachsen schwelt. Eliten in Politik, Medien und Kirchen mutet das archaisch an, oder gar rechtsextrem: Haben Grundgesetz, Wissenschaft und aufgeklärte Menschenfreundlichkeit da nicht längst das letzte Wort gesprochen? Dass Gläubige sich in ihrer Ablehnung von Homosexualität durch die Heilige Schrift gebunden fühlen, können sie nicht verstehen. Beide Seiten begegnen einander nicht selten mit einem Gefühl von moralischer Überlegenheit. Den Unmut der Unverstandenen schürt das nur noch weiter. Siehe Pegida.
Neu ist dieser Konflikt nicht. Stellt man sich die Propheten des Alten Testaments lebendig vor Augen, man würde sie heute Fundamentalisten nennen. Radikale, Feuerköpfe, göttliche Rechthaber. Ihnen ging es freilich mehr um Gerechtigkeit als um Homosexualität, um die Treue zu Gott und eine gepfefferte Watsche an eine blasse Amtstheologie ging es ihnen aber auch.
Was heute aber wirklich neu ist: Mit Gott lässt sich in einer Gesellschaft, in der viele an keinen Gott mehr glauben, nicht länger Politik machen. Die Menschen sind so frei von Bevormundung wie noch nie, und sie wollen es bleiben. Auch die Gläubigen leben – gebunden nur an Gott und ihr Gewissen, wie es Luther und die Pietisten vordachten – ihren Glauben so individuell wie noch nie. Doch zugleich suchen nicht wenige Gläubige im Meer dieser Freiheiten nach sicheren Fundamenten. Sie suchen im Überfluss all der Zweideutigkeiten das Eindeutige, das Wahre. Das Schwarz und das Weiß.
Das kann hart machen. Oder weich, wo sich das Eindeutige in der Liebe Gottes zu den Menschen finden lässt. Dies könnte ein Fundament sein, auf dem sich auch Nicht- und Andersgläubige treffen könnten. Ein Fundamentalismus ohne Bedrohung und Angst.
Lieber Herr Roth,
"Scharia statt Grundgesetz" und "Schweigemarsch für das Leben" in einem Topf? Aber sonst haben Sie recht: Kern oder Matsch - das ist die Frage! Um die zu klären, findet in der sächsischen Landeskirche noch immer der Gesprächsprozess statt. Bald wird Bilanz gezogen. Wer seine ganz persönliche Bilanz zu unserem kleinen Gesprächsprozess hier auf diesen Seiten beisteuern möchte, kann den ab sofort liefern an gertflessing@aol.com Die besten Beiträge werden prämiert und veröffentlicht!
A.Rau
Ich bitte feierlich um Entschuldigung, dass ich schon wieder nerve. Aber vielleicht kommt zufällig ein Wanderer des Weges, der das noch nicht gelesen hat?
AUFRUF AN ALLE !!!!!
Liebe Gemeinde,
in der sächsischen Landeskirche findet derzeit ein Gesprächprozess "Schriftverständnis" statt. Unter http://www.evlks.de/publikationen/texte/20339.html wird um Beteiligung gebeten: „Sie sind daher herzlich eingeladen, sich in Ihrem Kirchenbezirk, in Ihrer Kirchgemeinde oder in Ihrem Hauskreis am Gesprächsprozess in unserer Landeskirche zu beteiligen. In welcher Form dies geschieht, welches Thema Sie sich wählen … entscheiden Sie selbst.“ Das Leserbrief-Forum auf der Internetseite des SONNTAG war in gewisser Weise eine Art Hauskreis. Dort haben wir uns mehr als zwei Jahre intensiv mit theologischen und kirchlichen Themen auseinandergesetzt. Insofern gilt diese Einladung auch uns.
Der Gesprächsprozess endet im kommenden Frühjahr. Dann wird Bilanz gezogen. Deshalb unsere Bitte an alle, die im SONNTAG-Forum mitgeschrieben oder auch nur mitgelesen haben: Ziehen Sie eine ganz persönliche Bilanz unseres kleinen Gesprächsprozesses hier auf den SONNTAG-Seiten! Dabei spielt es keine Rolle, ob Sie sich als A- oder B-Christ oder wie auch immer verstehen. Im Gegenteil, je kontroverser die Beiträge werden, um so wertvoller ist das Gesamtergebnis.
Dabei kann es nicht darum gehen, einzelne Sachfragen zu analysieren. Das würde zu weit führen bzw. ist vermutlich gar nicht zu schaffen. Es geht uns um den GESPRÄCHS-PROZESS als solchen: Wie haben Sie sowohl unser Miteinander als auch unser Gegeneinander wahrgenommen? Hat die Kirchenleitung Recht, wenn sie sagt, "dass nicht das Schriftverständnis im Allgemeinen, sondern die unterschiedliche Bewertung gelebter Homosexualität" das eigentlich Trennende sei. Trennt uns tatsächlich nur die Haltung zur Homosexualität oder gehen die Meinungsverschiedenheiten viel tiefer? Wenn ja - wo sehen Sie die größten Probleme? Wo könnten deren Ursachen liegen? Oder auch: Was habe ich aus diesen Diskussionen gelernt; welche Lehren daraus gezogen? Was lässt sich aus dem SONNTAG-Forum für die Zukunft unserer Kirche schlussfolgern ...
Selbstverständlich gilt „Freistil“: Über Inhalt und Umfang entscheidet jeder selbst. Jede Meinung ist willkommen! Vorausgesetzt, sie wird wenigstens halbwegs sachlich vorgetragen. Als "Einsendeschluss" wird zunächst der 31. Januar 2015 angepeilt. Die technischen Feinheiten werden derzeit noch abgesprochen und rechtzeitig bekannt gegeben; z. B. wohin die Beiträge geschickt werden können usw.
Wir wollen und können die guten alten Zeiten des Forums nicht neu beleben. Aber wir möchten sie zu einem würdigen Abschluss bringen. Sollten genug qualifizierte Beiträge zusammenkommen, könnte auch überlegt werden, ob und wie diese in den eigentlichen, den großen Gesprächsprozess eingebracht werden können. Vielleicht sind der SONNTAG, die Landeskirche, die SBI oder wer auch immer interessiert? Aber das ist noch Zukunftsmusik. Jetzt steht zunächst die Frage, ob wir überhaupt etwas Brauchbares zustande bringen? Denn das ist alles andere als einfach!!! Es wäre schön, wenn Sie es versuchen würden!
Mit herzlichen Grüßen
Britta, Christoph, G.Flessing, A.Rau (vorsichtig begleitet von Bastl und Paul)
FUNDAMENTALISMUS I
Der Begriff "Fundamentalismus" wurde Anfang des vergangenen Jahrhunderts in den USA geprägt. Auf seinem Weg in die deutsche Öffentlichkeit von 2015 hat er in mindestens vier Punkten einen grundlegenden Bedeutungswandel erfahren:
1. Ursprünglich war er eine Eigen-Bezeichnung: "Ich bin Fundamentalist, weil ..." Heute dient der Begriff als Fremd-Bezeichnung: "DU bist Fundamentalist"; oder genauer: "Die sind Fundamentalisten." Ob die so Beschuldigten das auch so sehen, spielt keine Rolle.
2. "Fundamentalismus" beschrieb einst eine eindeutig definierte theologische Überzeugung: "Ich bin Fundamentalist, weil ich DAS und DAS und DAS denke." Heute können alle irgendwie unerwünschten Verhaltensweisen damit kritisiert werden - von der theologischen Meinung über chartakterlichen Mängeln bis hin zu kriminellem Verhalten.
3. Einst stand "Fundamentalismus" für eine theologische Meinung, die von den demokratischen Grundrechten geschützt wird. Heute wird häufig auch kriminelles Handeln so benannt: "Die sind Fundamentalisten, weil sie gegen Gesetze verstoßen; weil sie Bomben legen, Flugzeuge entführen ..."
4. Einst stand der Begriff für eine Position in einem Meinungsstreit. Er war eine Einladung zum Gespräch: "Wir Fundamentalisten wollen unsere Überzeugungen in Theologie, Kirche und Gesellschaft einbringen; wir möchten dafür werben und deshalb suchen wir die Diskussion." Heute bezweckt er das genaue Gegenteil: "Was Fundamentalisten denken, ist dumm und gefährlich. Deshalb darf man nicht mit ihnen sprechen. Sie müssen von der Meinungsbildung ausgeschlossen werden."
Kurz: Der Begriff "Fundamentalismus" trägt heute die Tendenz(!) in sich, als Instrument der Diskriminierung benutzt zu werden. Mit seiner Hilfe werden unerwünschte Überzeugungen zum Schweigen gebracht.
A.Rau
FUNDAMENTALISMUS II
Nur am Rande: Pegida und Co. wird vorgeworfen, alles Fremde abzulehnen. Das wird dann gerne Rassismus genannt. "Fundamentalismus" steht seitenverkehrt für genau das, was Pegida dort vorgeworfen wird. Bei „Fundamentalismus“ klingt häufig mit: "Dein Denken ist mir fremd; ich verstehe dich nicht; deine Meinung ist mir unangenehm - deshalb will ich mit dir nichts zu tun haben." Insofern ist der Fundamentalismus-Vorwurf ein Zeichen für geistigen Rassismus.
Oder anders ausgedrückt: Je öfter man andere als Fundamentalisten beschimpft, umso fundamentalistischer ist man selber.
Lieber Andreas,
Und am Ende kann dann sowas
http://www.weser-kurier.de/bremen/bremen-stadtreport_artikel,-Vorwurf-Pa...
rauskommen. Da kommt Arbeit auf Paul zu, der dann ja, wenn ich mich recht erinnere, seine Stimme erheben will. Schöne neue Welt. Wenn man die Kommentare auf der Zeitungs-Website oder auch die öffentlichen Statements dazu liest, schwant mir nichts Gutes für die Zuknuft.
Viele Grüße
Christoph
Lieber Christoph, die Predigt ist ein wenig lang, aber gegen ihren Inhalt kann man im Grunde nichts sagen. Das sich jetzt eine Kommission damit befassen soll, finde ich sehr bemerkenswert. Es wirft ein schlechtes Licht auf die Bremer Kirche, das sie versucht die Freiheit der Predigt zu beschneiden.
Sicher gibt es einige harte Passagen, aber insgesamt wird nicht gegen andere Religionen gehetzt, sondern vor allem von den Christen innere geistliche Klarheit verlangt.
Das erste Gebot ist nicht so spaßig zu nehmen, wie es mancher tut.
Wer ist uns als Christen Weg, Wahrheit und Leben?
Er hat völlig recht: Wenn andersgläubige Menschen verfolgt werden, haben wir ihnen zu helfen. Das ist Christenpflicht. Aber ihren Glauben mit unserem zu vermischen ist eine Grenze, die wir nicht überschreiten sollten.
Gert Flessing
Lieber Herr Flessing,
dass die Öffentlichkeit, soweit es sich nicht um Christen handelt, mit seiner Predigt (die ja wirklich nur an Christen gerichtet ist) nichts anfangen kann und sie in dieser Art deutet und entstellt, ist nicht so verwunderlich. Aber dass er von seinen Amtsbrüdern und Vorgesetzten jetzt vorgeführt wird, ist skandalös. Abgesehen von der Wortwahl hätte ich inhaltlich das gleiche gesagt.
Bisher ist dieser Schulterschluss von kirchl. Amtspersonen und Justiz gegen mißliebige Geistliche nur aus britischen oder skandinavischen Landen bekannt. Dass dies nun auch in Deutschland geschieht, beunruhigt mich schon.
Viele Grüße
Christoph
Lieber Christoph,
seit geraumer Zeit habe ich schon den Eindruck, daß es sich bei der Kirche mehr oder weniger um eine Art 5. Kolonne der Grünen handelt. Denn wenn man es sich genau überlegt, hatten von der offiziellen Amtskirche, Sektion B (nach A. Rau) nur Paul und zuweilen Herr Lehnert Rede und Antwort gestanden. Herr Flessing ist eine rühmliche Ausnahme in der Kirche! Andere halten ernsthafte Gespräche mit jenen, die nicht nach ein-zwei Statements überzeugt sind, für sinnlos und machen nur noch mit mehr oder meist weniger geistreichen Expektorationen auf sich aufmerksam, da eine andere Gesinnung als die ihre als Minderung der Alltagstauglichkeit angesehen wird.
Leider ist eben eine mindestens so große Gefahr wie die Islamisierung von außen die Aufweichung des Christentums durch Infragestellen von traditionellen Grundsätzen des Glaubens, vorauseilend gehorsame politisch-korrekte Bibelinterpretationen und der Eindruck des Zusteuerns auf eine bunte Multikultieinheitskirche. Zu denken geben muß in dem Zusammenhang, daß es durchaus Fälle von jungen Männern aus evangelischem Elternhaus gibt, die auf der Sinnsuche in ihrem Leben zum radikalen Islam kamen, da ihnen ihre Kirche nicht genug Inhalte gab! Wenn die Kirche mehr geistliche Orientierung liefern würde, könnte es uns egal sein, wenn radikale Salafisten unter dem Motto "Lies" (sollte es das englische Wort sein?) Korane verteilen. So aber, wenn sinnsuchende Leute in der Kirche nur immer wieder erklärt kriegen, daß, was in der Bibel steht, nicht so gemeint ist und z.T. völlig anderes gelehrt wird, auf der anderen Seite aber ein Zweifel an den Schriften des Koran Blaphemie ist, was wird dann ernster genommen? Man muß den Mut des Pfarrer durchaus anerkennen, denn sein Leben wird in der nächsten Zeit nicht leicht sein! Da sieht man aber auch, welche Nervosität bei diesem Thema herrscht.
Man kann ihm aber auch moralisch den Rücken stärken - ich hatte da schon eine mail bekommen....
Viele Grüße
Britta
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