Kirche auf Partnersuche
Kirche in der Minderheit: Die Kirchen verlieren immer mehr Mitglieder und stehen deshalb vor großen Herausforderungen. Ein Perspektivwechsel und Kulturwandel sei nötig, heißt es zur Tagung der Landessynode.Fröhlich schrumpfen und selbstvergessen arbeiten. So könnte die Zusammenfassung lauten, wie Landesbischof Tobias Bilz in die Zukunft der Landeskirche Sachsens blicken will. Auch auf der Frühjahrstagung der Landessynode am Wochenende in Dresden wiederholte er, sich »vom Zahlendruck befreien« zu wollen. Er erlebe, dass andere Kirchen in der Diaspora, in Minderheitensituationen, »fröhlich drauf sind«.
Über diese Perspektive als »Minderheit mit Zukunft« hat die Landessynode bei ihrem Thementag am Sonnabend in Dresden beraten. Landesbischof Tobias Bilz rief zu einem konstruktiven Umgang mit der sinkenden Zahl an Kirchenmitgliedern auf. »Uns muss neu bewusst werden, wir sind als Christinnen und Christen in eine säkulare Welt hineingestreut.« Die Landeskirche solle ihren Status als Kirche in der Diaspora, also in der Zerstreuung, annehmen, sagte der Bischof. Er wolle von einer ständigen »Defizit- und Zahlenorientierung« wegkommen.
Es gelte, Chancen und Herausforderungen zu sehen. Bilz wies auf die Zeit hin, als die Kirchen nach der deutschen Wiedervereinigung wegen ihrer Rolle in der Friedlichen Revolution viel Aufmerksamkeit genossen. »Jetzt sind wir als Minderheitenkirche in einem Status, der uns supergut ansteht«, betonte der Bischof. Ziel sei es dabei noch immer, Menschen zu taufen, »aber wir müssen nicht zwanghaft missionieren.« Bilz warnte auch davor, »Segen und Erfolg zu messen«.
Damit reagierte er auf Justus Geilhufe, der mit dem Ziel »Taufzahlen erhöhen« zunächst für einigen Widerspruch sorgte. »Die Befreiung von Zahlen kommt immer dann, wenn es um den Missionsbegriff geht«, sagte der Pfarrer aus Großschirma bei Freiberg. Aber bei Gebäuden und Pfarrstellen sei immer die Mitgliederzahl entscheidend, sagte der Theologe. Er habe festgestellt, dass die Zusammenarbeit der Kirchgemeinden in seiner Region neue Möglichkeiten eröffne. Zugleich, so forderte die Synodale Claudia Hultsch aus Radebeul, müssten die Gemeinden ihre Räume für andere öffnen, um sich zu begegnen. »Wir müssen schauen, was die Menschen um uns herum beschäftigt«, mahnte Landesbischof Bilz mehr Selbstvergessenheit an.
Für einen Blick nach außen plädierten auch die Theologinnen Kerstin Menzel aus Leipzig und Karla Steilmann aus Paraguay. Es gelte, »nicht zu fragen, wie wir Menschen erreichen, sondern danach, was wir beitragen können«, sagte Menzel. Kirche könne mitten in der Zivilgesellschaft wirken, sich aktuellen Themen wie der Klimakrise oder dem Rechtsruck widmen sowie sozial-diakonische Angebote schaffen. Wo der Glaube dann ins Gespräch komme, sei nicht planbar.
Auch Steilmann betonte das kirchliche Engagement in der Gesellschaft. Sie ist Pfarrerin der Evangelischen Kirche am Rio de la Plata, einer Minderheitenkirche mit etwa 45 Gemeinden in Argentinien, Uruguay und Paraguay. Diese beteilige sich an mehr als 200 sozialen Projekten. Dabei trete sie unter anderem für die Rechte indigener Völker sowie für Klimagerechtigkeit ein und beteilige sich am Programm für Freiwilligendienste. »Wir brauchen Anknüpfungspunkte«, sagte Steilmann, »denn allein schaffen wir das nicht.« Es gebe viele Herausforderungen, darunter die theologische Ausbildung, die mittlerweile über ein Online-Netzwerk ökumenisch organisiert werde. Die südamerikanische Pfarrerin ist derzeit Doktorandin an der Universität Leipzig. Zur Evangelischen Kirche am Rio de La Plata gehören rund 27 500 Mitglieder.
Die Landeskirche Sachsens hat derzeit noch rund 610 000 Mitglieder und steht nicht nur vor der Herausforderung sinkender Mitgliederzahlen. Die hohe Zahl unbesetzter Stellen und damit verbunden die hohe Arbeitsbelastung für die anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren Anlass, unter anderem eine Arbeitsgruppe Vakanz zu gründen. AG-Mitglied Burkart Pilz sagte bei der Vorstellung des Zwischenberichts, zur Nachwuchsgewinnung »brauchen wir einen Modus von Basteln und Ausprobieren«. Die zweite große Herausforderung sind Prävention und Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs in der Landeskirche. Die Synode hatte beides im Blick.
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