Weitere Glocken mit Nazi-Symbolik in Sachsen
Landeskirchenamt bestätigt weitere sächsische Kirchgemeinden mit problematischer Nazi-Symbolik auf ihren Glocken. Genaue Orte bleiben geheim.
In Sachsens Kirchtürmen läuten mehrere Glocken mit NS-Symbolik. Das bestätigte die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens am Dienstag in Dresden. Demnach gebe es zwei Glocken in zwei Kirchgemeinden mit einem christlichen Kreuz und einem darunter liegenden Hakenkreuz mit einem Strahlenkranz. Außerdem würden zwei weitere Glocken Inschriften enthalten, die auf die Gründung des »Grossdeutschen Reiches« hinwiesen. Eine weitere Glocke trage eine »kriegsverherrlichende Inschrift mit einem theologisch ins Gegenteil verkehrten Bezug« auf einen Bibelvers. Zuerst hatte die in Weimar erscheinende mitteldeutsche Kirchenzeitung »Glaube+Heimat« (Ausgabe zum 9. Juni) darüber berichtet.
Orte oder Kirchgemeinden, wo die Glocken hängen, nannte die sächsische Landeskirche nicht. »Eine abschließende Bewertung steht noch aus«, hieß es. Das Landeskirchenamt werde mit den betroffenen Kirchgemeinden in einen Diskussionsprozess eintreten, in dem es unter anderem darum gehen werde, wie die Kirchgemeinden mit dem Erbe aus der Zeit des Nationalsozialismus bislang umgegangen sind beziehungsweise umgehen werden.
»Die Glocken gehören zu den wenigen Zeitzeugen, die mahnend daran erinnern, dass das deutsche Volk – und damit auch große Teile unserer Kirche und unserer Kirchgemeinden - in die unselige Geschichte des Nationalsozialismus verstrickt war«, erklärte der sächsische Oberlandeskirchenrat Klaus Schurig. Der »Ungeist des Nationalsozialismus« sei kein »zeitlich oder örtlich entferntes Phänomen eines pervertierten Staates«. Er habe »weite Teile der Bevölkerung und damit eben leider auch weite Teile der Gemeindeglieder, Pfarrer« sowie der Mitarbeitenden ergriffen.
Die derzeitige öffentliche Diskussion habe »in das Bewusstsein gerückt, was nicht mehr ausreichend im Bewusstsein war und nicht geleugnet werden darf«, erklärte Schurig weiter. Es habe »viel zu wenig Widerstand gegen die nationalsozialistische Diktatur und viel zu viel innere Zustimmung für einen Weg gegeben, der in die Katastrophe führte«. Die Landeskirche werde den Kirchgemeinden Gelegenheit geben, sich des Themas vor Ort selbst anzunehmen. Aus diesem Grunde werde zunächst von einer Veröffentlichung der Namen von Kirchgemeinden abgesehen.
Bekannt wurde bereits, dass es im erzgebirgischen Lößnitz ein Glockenspiel im Kirchturm gibt, das nationalsozialistische Inschriften und Glockenzier sowie ein Hitler-Zitat tragen soll. Ob dieses in der aktuellen Zählung des Landeskirchenamtes inbegriffen ist, ist zunächst noch unklar. Bisher hatte die sächsische Landeskirche als auch der Glockensachverständige auf Nachfragen erklärt, dass sie keine Kenntnis über Nazi-Glocken in sächsischen Kirchtürmen haben. Landeskirchensprecher Matthias Oelke hatte dem Evangelischen Pressedienst (epd) aber bestätigt, dass in Lößnitz 1939 ein Glockenspiel im Kirchturm montiert wurde, dessen Inschriften aber heute schwer einsehbar seien. Es war ursprünglich für den Rathausturm der Erzgebirgsstadt vorgesehen.
Aus statischen Gründen wurde es aber im Turm der evangelischen Kirche St. Johannis montiert, heißt es auf der Internetseite der Stadt Lößnitz (Erzgebirgskreis). Eigentümerin der 23 Glocken ist die Stadt, gepflegt werden sie von einem Verein. Die evangelisch-lutherische Kirchgemeinde in Lößnitz hat außerdem drei eigene Glocken, die in der Johanniskirche zu den Gottesdiensten erklingen. Diese wurden Oelke zufolge neu gegossen und 2012 in den Dienst genommen.
Auf dem Gebiet der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) hatte es über Wochen eine Diskussion zu Glocken mit Nazi-Symbolik gegeben. Nach einem Beschluss der Kirchenleitung mit den betroffenen Gemeinden vom 12. April sollen diese nicht mehr geläutet werden. Über das Schicksal der Glocken in Thüringen befinden nun die jeweiligen Gemeinden.