»Wir brauchen gemeinsame Lieder«
Diskussion über die Zukunft der Kirchenmusik anlässlich der 6. Kirchenmusiktagung der Landeskirche in der Landesmusikakademie Colditz
Einen massiven Kulturabbruch beim Singen haben Musikexperten bei der Kirchenmusiktagung der Landeskirche Sachsens in Colditz beklagt. Es werde zwar viel Musik konsumiert, aber gerade unter jüngeren Menschen werde selbst und vor allem gemeinsam immer weniger gesungen, waren sich die Experten auf einer Podiumsdiskussion zur »Kirchenmusik im Spiegel der Gesellschaft« einig. »Kirchenmusik ist identitätsstiftend«, sagte Peter Ammer, Kirchenmusikdirektor und Präsident des Verbandes evangelischer Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker (VEKM) in Deutschland. »Deshalb brauchen wir gemeinsame Lieder«, warb das Mitglied der Gesangbuchkommission der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für ein gemeinsames Liedgut in Form des Gesangbuches. Die Kirchenmusiktagung vom 17. bis 19. Oktober in der Landesmusikakademie Colditz stand unter dem Motto »#zukunftsingen – Lied und Theologie auf dem Weg zu einem neuen Evangelischen Gesangbuch«. Die Veranstaltung mit rund 60 sächsischen Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusikern umfasste unter anderem Diskussionen, Workshops und Vorträge besonders im Blick auf das neu entstehende Gesangbuch der EKD. Die Podiumsdiskussion am ersten Tagungsabend fand anlässlich des 100-jährigen Bestehens des sächsichen Landesverbandes des VEKM statt.
Für den Staatssekretär im sächsischen Kulturministerium, Andreas Handschuh, liege die Aufgabe nun bei den Kirchenmusikern, das gemeinsame Singen wieder zu befördern. Diese gemeinsamen Erlebnisse prägten und würden auch gegen psychosoziale Probleme helfen, sagte der Jurist. In seinem Ministerium werde neuerdings mindestens ein mal wöchentlich in der Mittagspause gemeinsam gesungen, berichtete er den erstaunten Kirchenmusikern. »Ganze Fußballstadien werden gefüllt, weil dort gemeinsam gesungen wird«, erinnerte Handschuh etwa an das Adventssingen in Dresden. Im Gottesdienst dagegen höre er oft nur die Orgel und den Pfarrer, sagte der 1973 in Zschopau geborene Staatssekretär. Das sollte musikalisch lebendiger gestaltet werden, wünschte er sich und nannte als Beispiel die Gospelmusik in den USA. »Da lebt der Gottesdienst durch die Musik ganz anders.«
Auch Christoph Zschunke forderte mehr Freiräume, »um mal etwas im Gottesdienst auszuprobieren«. Der Musikreferent der Evangelisch-methodistischen Kirche und Vertreter der Initiative »3. Oktober – Deutschland singt und klingt« sagte, »der Anspruch in der liturgischen Form ist bei uns sehr hoch«. Der Kirchenmusikdirektor Christian Kühne aus Löbau machte deshalb »Mut zur Unvollkommenheit«. Es gehe doch in erster Linie um das gemeinsame Singen wie etwa jüngst beim Landeskurrendetag in Chemnitz mit rund 2000 jungen Menschen. Mit Bezug auf die Reformationszeit erinnerte der Grimmaer Kantor Tobias Nicolaus daran, »dass unsere Chöre auch wieder Ansingechöre sein können«, um mit der Gemeinde neue Lieder einzustudieren. Auch Peter Ammer, der Präsident des Verbandes evangelischer Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker in Deutschland, sagte, es brauche jetzt eher Singanleiter statt Musiklehrer. »Ich wünsche mir, dass meine Kirche wieder eine singende Kirche wird.« Bezüglich moderner Lieder im Gottesdienst hält auch er andere Gottesdienstformen für notwendig und meint: »Popularmusik im liturgischen Gewand des 16. Jahrhunderts macht keinen Sinn.«
Impressionen vom Elbe-Tauffest
Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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