Urlaub – der Sonntag des Jahres
Ferien: Die Urlaubszeit sollte als heilsame Unterbrechung des Alltags genutzt werden. Denn Gott will, dass Arbeit und Muße im rhythmischen Wechsel sind. Der Abstand zu Pflichten und Arbeit ist notwendig.
Es gibt keine Theologie des Urlaubs, doch gäbe es eine, dann wäre es eine Theologie der Muße, die den Menschen nicht allein als Arbeitenden, Betenden, Leidenden oder Schuldigen in Beziehung zu Gott setzt, sondern als Müßigen. Ganz ohne das schlechte Gewissen, das uns Christen manchmal packt, wenn wir nicht fleißig, mühselig oder beladen sind.
Eine Theologie des Urlaubs würde unmissverständlich belegen, dass der Glaube nicht nur etwas für Notzeiten ist, sondern alle Dimensionen des Lebens betrifft, eben auch die Hoch- und Festzeiten.
Eine biblische Geschichte, die von Lebensfreude und Fülle erzählt, ist die Geschichte von der Hochzeit zu Kana. Gleich im 2. Kapitel des Johannesevangeliums, am Beginn des Wirkens Jesu, wird sie erzählt. Jesus bewirkt ein »überflüssiges« Wunder. Weil bei der Hochzeit der Wein ausgeht, wandelt er Wasser zu einem köstlichen Getränk, das die Qualität des bisher gereichten Weines bei Weitem übersteigt. Der Gastgeber wird vor einer Blamage verschont und alle Gäste können fröhlich und ausgelassen weiterfeiern. Selbst wenn für die meisten Hochzeitsgäste das Wunder und sein Urheber gar nicht erkennbar werden, genießen sie alle die Folgen seiner Gegenwart.
Hier wird keine existenzielle Not gelindert, kein Kranker geheilt, kein Hungernder gespeist. Und doch ist dieses Wunder so wichtig, dass es als erstes Zeichen, das Jesus tat, im Johannesevangelium überliefert ist. Gott meint es gut mit den Menschen! Er will für sie nicht nur das Allernotwendigste. Es geht ihm um Lebensfülle, um Freude am Dasein und an der Begegnung.
Im Urlaub, in der Hoch-Zeit des Jahres, dürfen die Menschen die freie Zeit und alles Schöne von Herzen genießen. Gott gibt seinen Segen dazu – so kann von dieser biblischen Erzählung auf die Urlaubssituation geschlossen werden. Wo Kirche sich in Urlaubsregionen auf Touristen einstellt und sie einlässt, bringt sie etwas von der Güte Gottes ein, die dem Menschen in seinen guten und schlechten Zeiten gilt.
Bei einigen Zeitgenossen hat der Alltag keine Unterbrechung – wenn nicht gerade eine virusbedingte Zwangspause verhängt wird. Manche merken das nicht einmal, aber sie spüren die Folgen in Erschöpfung, Niedergeschlagenheit oder einer Art »Grauschleier« über dem Leben. Der soll im Urlaub weggepustet werden, wenn der dann doch einmal ansteht. Das Leben soll wieder bunt werden und neue Vitalität sich einstellen.
Menschen kommen in Not, wenn ihr Leben aus dem rhythmischen Wechsel von Arbeit und Muße geraten ist. Diese Not nehmen oft die Seelsorger an Urlaubsorten wahr und erfahren, welche Sehnsucht sich hinter dem Wunsch, im Urlaub endlich zur Ruhe kommen zu wollen und zu müssen, verbirgt. Aus der jüdisch-christlichen Tradition können sie die Botschaft vom »notwendenden« Ruhetag einbringen. In der Schöpfungsgeschichte heißt es: »Und Gott segnete den siebten Tag und heiligte ihn, weil er an ihm ruhte von allen seinen Werken.« Auch das 3. Gebot will den Menschen nicht gängeln, sondern ihm eine Pause gewähren, Abstand zu Pflichten und Ansprüchen und Zeit für Freude über das, was geschafft ist.
Der ruhende Gott am Sabbat, der Sonntag sind Hinweise darauf, dass Muße gegönnt wird und Leben neu werden kann – schon jetzt und auch in Zukunft. Jeder Sonn- und Feiertag und auch der Jahresurlaub sind eine Einladung, zu sich selbst und seinem Tun ein wenig in Distanz zu gehen, die Perspektive zu wechseln und sich neu einzuschwingen in den heilsamen Rhythmus von arbeiten und ruhen in Gottes Gegenwart. Vielleicht ist der Urlaub im Jahr so etwas wie der Ruhetag in der Woche: Erlaubnis Gottes, frei zu sein und das Heil nicht in Leistung und Erfolg zu suchen, sondern als geschenkt wahrzunehmen.