Er ist eine Herausforderung, dieser graue, sperrige Monat November. Und jetzt auch noch Lockdown. Wir sollen zu Hause bleiben, Kontakte meiden. Restaurants, Theater, Konzerte – vieles, was uns guttut, was uns aus dem Alltag entführt, ist in diesen vier Wochen nicht mehr möglich.
Doch seit langer Zeit mag ich den November trotzdem. Irgendwie. Er erinnert mich daran, dass das Leben nicht nur aus Feiern und Lachen bestehen kann – so sehr ich mir das auch wünsche. Er erinnert mich an meine eigene Vergänglichkeit. Er erinnert mich schmerzhaft an all die Menschen, die ich schon verloren habe und an die zu denken im hektischen Alltag manchmal zu kurz kommt. Er zwingt mich zum Innehalten, nimmt mir meine Ablenkungen weg, wirft mich auf mich selbst zurück. Was ist wichtig? Was bleibt, wenn man die fröhliche Oberflächlichkeit mal beiseite schiebt? Jeder, der schon einmal großen Schmerz erfahren hat, weiß: Weinen löst keine Probleme – aber es reinigt die Seele. So empfinde ich den Monat November: Ein verordnetes Innehalten, eine Auszeit vom Banalen, eine Einladung zur Bestandsaufnahme.
Vielleicht ist es einen Versuch wert, auf diese auferlegte Zeit ohne das heutzutage fast reflexhafte öffentliche Wehklagen zu reagieren. Sich dieser Prüfung gefasst zu stellen, und statt zusätzliche Energie durchs Schimpfen zu verlieren, sie anzunehmen. Und zu schauen, was noch geht, wo man helfen kann, wie man in Kontakt bleibt – statt sich zusätzlich zu quälen mit der Sehnsucht nach dem, was gerade nicht geht.
Am Ende des Monats wartet das Licht. Die Hoffnung. Es wird wieder aufwärts gehen, es gibt einen Neuanfang und einen Grund für Zuversicht. Advent. Darauf vertraue ich.
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