Richtungsänderung?

Synode: Unter dem Motto »Kirche in der Zwischenzeit« hat Sachsens Landessynode am Wochenende nach Orientierung für die Kirche der Zukunft gesucht. Eine »Verschnaufpause« vor dem Aufbruch – aber wohin?
Uwe Naumann (mit epd)
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Synodalpräsidentin Bettina Westfeld mit einem Fingerzeig bei der Frühjahrstagung der Landessynode im Haus der Kirche in Dresden. © Steffen Giersch
Synodalpräsidentin Bettina Westfeld mit einem Fingerzeig bei der Frühjahrstagung der Landessynode im Haus der Kirche in Dresden. © Steffen Giersch

Wer kreativ sein und Visionen entwickeln will, braucht Zeit und Freiräume. Dass beides in der Landeskirche kaum zu finden ist, wurde bei der Frühjahrstagung der 28. Landessynode am Wochenende in Dresden an vielen Stellen deutlich. Synodale berichteten aus ihren Gemeinden von Mitarbeitern, die vom Druck des Alltagsgeschäfts frustiert sind. Die Kirchenleitung konstatierte in ihrem Bericht, dass sie es aufgrund der »vielen Tagesordnungspunkte" nicht schaffe, "vor die Lage zu kommen, einen Schritt voraus zu sein«. Und auch Landesbischof Tobias Bilz zählt in seinem Vortrag viele »Beschwernisse« auf, die eine »Verschnaufpause« nötig machten.

So nutzte die Landessynode die Tagung auch als »Orientierungsmoment«, um den weiteren Weg besser in den Blick nehmen zu können. Denn »ohne Ausblick ist es schwer, zuversichtlich zu leben und zu arbeiten«, sagte Bilz. Doch der Bericht der Kirchenleitung half einigen Synodalen dabei nicht, weil er ihnen »nichts Konkretes« liefere, so Florian Reißmann. Andere lobten ihn als »Zu-Mutung und Ent-Täuschung«, wie Steffen Göpfert: Die Kirchenleitung wisse eben auch nicht alles.

Konkret wurde: Die Zugänge zum Predigtamt sollen überprüft und könnten für Diakone und Prädikantinnen geöffnet werden. Auch sollen die Strukturen auf allen Ebenen überprüft werden. Überlegt werde, sich der evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern anzunähern, hieß es bei der mündlichen Vorstellung des Berichts.

Die ehemalige Synodalpräsidentin Gudrun Lindner sagte etwas frustriert, dass die Landeskirche bei Pfarrerbild, Pfarramt und Verwaltung seit 30 Jahren strukturell nicht weitergekommen sei. Die sächsische Landeskirche sei eine »Kirche der Stagnation« geworden, keine »lebendige Kirche« mehr. In ihrem Kirchenbezirk Zwickau seien »weit und breit keine Pfarrer zu finden«. Deshalb »machen wir es selbst«, sagte sie. »Wir brauchen frohmachende Predigten«, »die Gemeinschaft muss gelebt werden«.

Das betonte auch Landesbischof Tobias Bilz: »Unsere Weggemeinschaft soll eine Ermutigungsgemeinschaft sein!« Doch ohne ein »erstrebenswertes Ziel« werde es keinen dynamischen Aufbruch geben, sagte er. Das große Ziel sei das Reich Gottes. Allerdings sehe er ein mangelndes Gottvertrauen. Deshalb denke er darüber nach, zur Buße aufzurufen. Denn mit Gottvertrauen sei eine Richtungsänderung möglich, zog er den Vergleich zur biblischen Erzählung über Hagar. Durch die Begegnung mit einem Engel lernte sie Gott wieder zu vertrauen, ließ von ihrer ziellosen Flucht ab und kehrte um. Unter allen Umständen bleibe es die Aufgabe der Kirche, das Evangelium von Jesus Christus in die Welt zu bringen, sagte der Bischof und forderte eine »zeitgemäße Verkündigung in Wort und Tat«.

Auf welchen Wegen das möglich sei, müsse auch ausprobiert werden, sagte Bilz. Er wolle mit verschiedenen Formaten, »die Kirche von morgen experimentell erkunden und damit prophetisch handeln«.

Der Religionspädagoge Michael Domsgen konnte das nur unterstreichen. Es gehe nicht um das »absolut Richtige«, was zu tun ist, sagte er den Synodalen. Vielmehr brauche es »ein mutiges Probieren mit den zur Verfügung stehenden Möglichkeiten«. Domsgen lehrt an der Universität Halle und ist Mitglied im Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Bestehende Strukturen seien nicht alternativlos, Kirche könne auch anders gestaltet werden, sagte er. Wer einen Neuanfang wagen will, der muss mit Routine brechen.« Kirche dürfe nicht mehr nur stationär gedacht werden, sondern auch ambulant. Sie müsse dorthin gehen, wo die Menschen sind und »glaubwürdig agieren«.

Darauf aufbauend benannten die Synodalen zur Standortbestimmung verschiedene Formen von Gemeinschaft, wie Kirche sein soll. Die Stichworte waren Verkündigung, Ermutigung, Funktion, Experimentieren, Soziales, Alltag, Freiraum und "mobil". Daran wurde und wird künftig weitergearbeitet, um Wege und Möglichkeiten für kirchenleitendes Handeln zu finden.

Mehr zum Thema unter www.sonntag-sachsen.de/2023/17/beweglicher-werden

  • Erstmals seit der Pandemie konnte die Landessynode der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens wieder ohne Einschränkungen zusammenkommen. © Steffen Giersch

    Erstmals seit der Pandemie konnte die Landessynode der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens wieder ohne Einschränkungen zusammenkommen. © Steffen Giersch

  • Die Synodalen versammelten sich von Freitag bis Sonntag im Haus der Kirche in Dresden. © Steffen Giersch

    Die Synodalen versammelten sich von Freitag bis Sonntag im Haus der Kirche in Dresden. © Steffen Giersch

  • Nach der Eröffnung der Sitzung hielt Pfarrer Jiří Šamšula aus der Kirche der böhmischen Brüder ein Grußwort. © Steffen Giersch

    Nach der Eröffnung der Sitzung hielt Pfarrer Jiří Šamšula aus der Kirche der böhmischen Brüder ein Grußwort. © Steffen Giersch

  • Dr. Julia Gerlach, Studienleiterin Demokratie, Wirtschaft und Soziales der Evangelischen Akademie Sachsens, moderierte den Thementag »Kirche in der Zwischenzeit« am Sonnabend. © Steffen Giersch

    Dr. Julia Gerlach, Studienleiterin Demokratie, Wirtschaft und Soziales der Evangelischen Akademie Sachsens, moderierte den Thementag »Kirche in der Zwischenzeit« am Sonnabend. © Steffen Giersch

  • Die ehemalige Präsidentin der Landessynode der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens, Gudrun Lindner, forderte grundsätzliche Veränderungen und sprach von einer »Kirche der Stagnation«. © Steffen Giersch

    Die ehemalige Präsidentin der Landessynode der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens, Gudrun Lindner, forderte grundsätzliche Veränderungen und sprach von einer »Kirche der Stagnation«. © Steffen Giersch

  • Während des Zukunftstages am Samstag teilten sich die Synodalen in Gruppen auf und sprachen, warum sie sich der jeweiligen Gruppe zugeordnet haben. © Steffen Giersch

    Während des Zukunftstages am Samstag teilten sich die Synodalen in Gruppen auf und sprachen, warum sie sich der jeweiligen Gruppe zugeordnet haben. © Steffen Giersch



  • Der Synodale Dr. Florian Reißmann im Gespräch mit Landesbischof Tobias Bilz. © Steffen Giersch

    Der Synodale Dr. Florian Reißmann im Gespräch mit Landesbischof Tobias Bilz. © Steffen Giersch

  • Religionspädagoge Michael Domsgen von der Universität Halle hielt einen Impulsvortrag. © Steffen Giersch

    Religionspädagoge Michael Domsgen von der Universität Halle hielt einen Impulsvortrag. © Steffen Giersch

  • Die Synodalen waren aufgefordert, im Zweier-Gespräch über Themen nachzudenken. © Steffen Giersch

    Die Synodalen waren aufgefordert, im Zweier-Gespräch über Themen nachzudenken. © Steffen Giersch

  • Die Synodalen waren aufgefordert, im Zweier-Gespräch über Themen nachzudenken. © Steffen Giersch

    Die Synodalen waren aufgefordert, im Zweier-Gespräch über Themen nachzudenken. © Steffen Giersch

  • Religionspädagoge Michael Domsgen im Gespräch mit Landesbischof Tobias Bilz. © Steffen Giersch

    Religionspädagoge Michael Domsgen im Gespräch mit Landesbischof Tobias Bilz. © Steffen Giersch

  • Jugendvertreter im Gespräch mit der Gleichstellungsbeauftragten der Landeskirche, Kathrin Wallrabe. © Steffen Giersch

    Jugendvertreter im Gespräch mit der Gleichstellungsbeauftragten der Landeskirche, Kathrin Wallrabe. © Steffen Giersch

  • Jugendvertreter Lukas Haugk (li.) beim kleinen Podiumsgespräch zum Thementag »Wo kommst Du her? Wo willst Du hin? – Kirche in der Zwischenzeit«. © Steffen Giersch

    Jugendvertreter Lukas Haugk (li.) beim kleinen Podiumsgespräch zum Thementag »Wo kommst Du her? Wo willst Du hin? – Kirche in der Zwischenzeit«. © Steffen Giersch

  • Vortrag von Landesbischof Tobias Bilz. © Steffen Giersch

    Vortrag von Landesbischof Tobias Bilz. © Steffen Giersch

  • Synodale (hier am Mikrofon Pfarrer Dr. Peter Amberg) tauschen sich in einer Themengruppe mit Frau Dr. Julia Gerlach aus. © Steffen Giersch

    Synodale (hier am Mikrofon Pfarrer Dr. Peter Amberg) tauschen sich in einer Themengruppe mit Frau Dr. Julia Gerlach aus. © Steffen Giersch

  • Eine Gruppe Konfirmanden aus dem Erzgebirge war zum Thementag ebenfalls dabei. © Steffen Giersch

    Eine Gruppe Konfirmanden aus dem Erzgebirge war zum Thementag ebenfalls dabei. © Steffen Giersch

  • Auch der ehemalige Landesbischof Dr. Carsten Renzing war bei der Frühjahrstagung der Landessynode dabei. © Steffen Giersch

    Auch der ehemalige Landesbischof Dr. Carsten Renzing war bei der Frühjahrstagung der Landessynode dabei. © Steffen Giersch

  • Vier Gruppen in vier Ecken: Kathrin Wallrabe (M.) berichtet aus der Ecke »Ermutigungsgemeinschaft«. © Steffen Giersch

    Vier Gruppen in vier Ecken: Kathrin Wallrabe (M.) berichtet aus der Ecke »Ermutigungsgemeinschaft«. © Steffen Giersch

  • Julia Markstein (l.) und Julia Schäfer berichten von ihrem Projekt »Jesus in der Bahnhofsvorstadt« in Zwickau. © EVLKS

    Julia Markstein (l.) und Julia Schäfer berichten von ihrem Projekt »Jesus in der Bahnhofsvorstadt« in Zwickau. © EVLKS

  • Bei einem Rundgang schauen sich die Synodalen die Ergebnisse der Gruppenarbeiten an. © Uwe Naumann

    Bei einem Rundgang schauen sich die Synodalen die Ergebnisse der Gruppenarbeiten an. © Uwe Naumann

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