Pandemie mit Konsequenzen
Folgen von Corona werden aufgearbeitet – Prominentes Gesprächsangebot in Coswig
In wenigen Tagen sollte sie über die Bühne der Börse Coswig gehen, die große Diskussion „Corona – und jetzt? Konsequenzen für Politik und Zusammenhalt“. Mit der Debatte in Coswig wollen Kirche und Diakonie einen sogenannten „Verständigungsort“ schaffen, um über das Erlebte zu sprechen. Viele solcher Orte gab es bislang nicht.
Doch weil ein Podiumsgast absprang, ist das Forum auf den 29.9. verschoben. „Die Änderung hat gebracht, dass wir nun Sängerin Stefanie Hertel mit auf dem Podium begrüßen dürfen“, sagt der sächsische Pfarrer Walter Lechner. Als Referent für Sozialraumorientierung bei midi, der Zukunftswerkstatt für Kirche und Diakonie, hat er die Diskussion maßgeblich mit organisiert. Es solle keine Fachdiskussion werden, sondern ein Dialog verschiedener Meinungen, betont Lechner. Auf dem Podium sprechen auch die frühere sächsische Justizministerin Katja Meier und Diakoniepräsident Rüdiger Schuch. Pfarrer Lechner verspricht, dass auf dem Podium auch eine Stimme zu hören sein wird, die skeptisch gegenüber den Corona-Maßnahmen war und ist. Dass diese Skepsis nicht gänzlich unbegründet war, zeigte Ende 2024 auch ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Bautzen zu einem von der Landeskirche angestrengten Normenkontrollverfahren. Demnach war die Beschränkung der Teilnehmerzahl bei Beerdigungen auf maximal 20 Personen im November 2021 rechtswidrig, weil bei anderen Veranstaltungen eine wesentlich größere Zahl an Teilnehmern erlaubt war.
Auch der aktuelle Aufruf der Diakonie Sachsen erinnert an die dramatischen Folgen der Corona-Maßnahmen. „Fachkräfte sehen die Ursachen für die zunehmenden psychischen Belastungen von Kindern und Jugendlichen vor allem in den bisher wenig bearbeiteten Nachwirkungen der Corona-Pandemie“, heißt es dazu. Der Beratungsbedarf sei enorm gestiegen, nicht aber die Kapazitäten.
Die Folgen der Pandemie dürften nicht aus dem Bewusstsein verschwinden, sagt die Sprecherin der Diakonie Sachsen, Nora Köhler. „Es muss eine Aufarbeitung des Erlebten während der Pandemie erfolgen.“ Dabei stützt sie sich auch auf die Befragung „Schulsozialarbeit in Sachsen in Zeiten der Corona-Pandemie“. Im Abschlussbericht des Kooperationsprojektes unter anderem mit der Evangelischen Hochschule Dresden und der Schulstiftung der Landeskirche heißt es: „Insbesondere benachteiligte, schulmüde und schulabsente sowie zurückgezogene Kinder und Jugendliche benötigen Unterstützung, sollen sich die Schieflagen nicht in die Zukunft verlängern und manifestieren.“
Auch in den Kirchgemeinden hatte Corona zu großen Veränderungen geführt: Menschen kehrten der Kirche aufgrund von Einschränkungen frustriert den Rücken, das traditionelle Trinken aus dem gemeinsamen Kelch beim Abendmahl verschwand. Der Leipziger Theologieprofessor Alexander Deeg untersucht gerade, wie sich das Gottesdienstfeiern von Familien mit Kindern verändert hat, auch durch Corona. Den Begriff „Aufarbeitung“ im Zusammenhang mit Corona-Maßnahmen finde er eher problematisch. „Ich bin dafür, entspannt und mit einer angemessenen Fehlerkultur zurückzublicken“, sagt er. Die Kirchen seien „keine paradigmatisch guten Diskussionsräume“ gewesen, musste er feststellen. In Coswig aber soll das gelingen.
29. September, 18 bis 21 Uhr: „Corona – und jetzt?“, Börse Coswig.
Impressionen vom Elbe-Tauffest
Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna