Na, lieber Aufrechter, wo bleiben Sie denn?
Man muss sich das nur einmal vorstellen: 30 vermummte Neonazis marschieren auf ein Leipziger Polizeirevier zu und attackieren es mit Pflastersteinen und Feuerwerkskörpern. Oder 600 Neonazis ziehen über Stunden randalierend durch die Messestadt, werfen Scheiben des Amtsgerichts ein, zünden Nebelbomben, greifen Polizisten an. Oder Neonazis verüben Brandanschläge auf Signalanlagen der Eisenbahn, um die Demonstration politischer Gegner zu stören. Deutschland stünde kurz vor dem Ausnahmezustand.
Tut es aber nicht. Denn die Täter dieser Aktionen – allesamt fanden sie in diesem Januar in Leipzig statt – waren offenbar Extremisten von der linken Seite. Die, die bei den Gegen-Demonstrationen zu Pegida & Co. an vorderster Front mitmarschieren, die in den letzten Jahren immer wieder Nazi-Aufmärsche in Leipzig und Dresden durch ihre Blockaden mit zu verhindern halfen. Es sind jene, die die »Drecksarbeit für den Aufstand der Anständigen machen«, wie die Gewerkschaft der Polizei den Bürgern, Kirchen und Gewerkschaften erbost schreibt.
Die Verteidiger einer menschenfreundlichen Gesellschaft machen sich in der Tat angreifbar, wenn sie allenfalls milde tadeln oder gar schweigend dulden, was linke Gewalttäter tun. Der Zweck heiligt eben nicht die Mittel. So wie von Pegida verlangt wird, sich konsequent gegen Neonazis abzugrenzen, so müssen es auch die selbst ernannten Weltoffenen und Mitmenschlichen mit linken Extremisten tun.
Wenn nach dem Angriff auf den Polizeiposten von Leipzig-Connewitz im Bekennerschreiben die Polizisten als »Schwein von Mensch« angesprochen werden, dann ist dies exakt die Sprache der Entmenschlichung, die bereits die Nationalsozialisten so gut beherrschten.
Ach, verehrtester Herr Rau, was sollte ich denn hier? Was interessieren mich denn linksautonome Chaoten! Die sind mir wie ihre schwarzbraunen Gegenstücke nicht einmal ein Spöttlein wert. Weil sie´s auch gar nicht verstehen würden. Verlorene Liebesmüh´ also. Und ich muss auch wirklich nicht wie so mancher andere Zeitgenosse zu jedem an den Haaren herbeigezerrten Thema auch noch meinen Meinungskeks beisteuern (Verzeihung, hier musste einfach die göttliche Kreation des Forum-Seelsorgers seine gebührende Anwendung finden.)
Herrn Roths Kommentar zu diesem Thema und auch der in der Rubrik schwarz-weiß erzeugen meinem feinen Näschen ein bestimmtes unangenehmes Gerüchle. Dass ich das nicht allein meiner zugestandenen Mimosigkeit zurechnen darf, belegt mir hier so mancher der vorangegangenen Kommentare. Habe ich aber nicht zu bewerten. Weil - ich kann mich ja auch an durchaus anderen Kommentaren erfreuen zur Zeit, Sie wissen schon, die aus der Qualitätspresse. Und da schenke ich mir doch mal in großer Vorfreude ein Gläslein des guten Roten aus, jawoll!
Was mir aber so richtig Vergnügen bereitet, Verehrtester, ist, dass Sie Ihre A-/B-Schubladisierung und Ihre Theorie des Inselhüpfens genau auch hier in Anschlag bringen. Und ich Trottel war nach unserem letzten Wortwechsel doch tatsächlich schon drauf und dran, Ihnen gegenüber Abbitte leisten und anerkennen zu wollen, dass es Ihnen hierbei ausschließlich um geistliche und hochgeistige Dinge gehen würde. Gottlob, wie rasch man doch wieder alte (Vor-)Urteile bestätigt bekommt, jawoll!
Sehen Sie, lieber Aufrechter, so einfach ist das: Da beschreibt ein Kirchenzeitungsredakteur eine einfache Tatsache; zwar eine, die von einer B-dominierten Kirchenbehörde im Normalfall ignoriert wird, aber eben eine Tatsache. Und schon meldet sich Michaels viel zu große Toleranz, Paul wird von seinem heiligen Zorn aus dem Winterschlaf geweckt, Ihr feines Näschen nimmt ein bestimmtes unangenehmes Gerüchle wahr und wir beide sind wieder in fröhlicher Gegnerschaft vereint. Was wollen wir denn mehr?
Ihnen ein herzliches Prosit!
A.Rau
Sorry, Verehrtester, Sie drücken sich in Ihrer Erwiderung vor dem Kern und wühlen nur im Matsch, um in Ihrer wertvollen Bildsprache zu bleiben. Wenn Sie doch Ihre schwarz-weiß-Kategorisierung auf theologischen Grundansätzen zu postulieren vorgeben, was berechtigt Sie dann eigentlich, dieses auf schnöde tagespolitische Ereignisse und verhältnismäßige Banalitäten gegenüber den hehren Grundansätzen wie Bibelverständnis und Christusverständnis auszuweiten? Wird Ihnen dabei nicht selbst ein wenig schwindelig?
Darf ich noch ein wenig korrigieren? Der verehrte Herr Roth beschreibt keine "einfache Tatsache", dann stände nämlich Bericht oder Reportage darüber. Da steht aber Kommentar! Und genau das tut er: er kommentiert, er zieht Vergleiche und Parallelen, er wertet und urteilt und fordert bestimmte seiner Auffassung nach daraus folgende Verhaltensweisen. Das geht über eine Beschreibung von Tatsachen deutlich hinaus. Da wird dann doch wohl eine gegenläufige Beurteilung der Wertungen, der Beurteilungen und Schlussfolgerungen - nicht die der Tatsachen, insofern diese als solche erkannt werden können - völlig in Ordnung sein, gell?
Und mehr als die in fröhlicher Herzlichkeit sich immer wieder bestätigende gegenseitige Abneigung kann man nun wirklich nicht verlangen. Unser altes Leiden, die gelegentliche Hitzköpfigkeit und der Alterstarrsinn halt. Aber sehen Sie, ähnlich erging es mir ja auch schon mal vorzeiten mit Paul. Was wieder mal ein Beleg dafür wäre, dass Ihre Schubladisierung in keiner Weise stimmig ist, jawoll!
Lieber Aufrechter,
hm, hm, hm - ich verstehe Sie nicht. Was haben Sie bloß gegen meine Schubladisierung? Hier im "Forum" gab und gibt es zwei Lager + auf den Straßen gibt es die auch. Das ist eine schlichte Tatsache. Warum sollte ich die nicht beim Namen nennen dürfen? Ebenso ist es eine einfache Tatsache, dass rechte Gewalt stets einen gewaltigen Sturm der öffentlichen Entrüstung auslöst, während linke Gewalt allenfalls ein lindes Lüftchen der Distanzierung bewirkt.
Nur spaßeshalber noch - Sie fragen mich: "Wenn Sie doch Ihre schwarz-weiß-Kategorisierung auf theologischen Grundansätzen zu postulieren vorgeben, was berechtigt Sie dann eigentlich, dieses auf schnöde tagespolitische Ereignisse und verhältnismäßige Banalitäten gegenüber den hehren Grundansätzen wie Bibelverständnis und Christusverständnis auszuweiten? Wird Ihnen dabei nicht selbst ein wenig schwindelig?"
Als Antwort hier einige Sätze, die mir ein kluger Mann vor wenigen Tagen hier im "Forum" geschrieben hat: "Erinnern Sie sich, dass Sie vor längerer Zeit mal eine Theorie Ihrer Buchstabenkategorisierung mit unterschiedlichen Hirnstrukturen zu begründen suchten. Ich denke, da ist was dran. Auch wenn ich denke, es gibt da mehr Abstufungen und Schattierungen, als ein A oder B, so sind auch mir doch völlig divergierende Herangehensweisen an das Nachdenken über die Dinge des Lebens und Glaubens und Sterbens aufgefallen. Die verbunden sind mit einem gewissen Unverständnis über die jeweilige andere Art der Erkenntnisfindung. Daher verstehen wir uns auch so schlecht und daher kommt auch die unterschiedliche Füllung von Begriffen und Sprache. Und das bezieht sich eben nicht nur auf religiöse oder philosophische Fragen, sondern auch viele Dinge des Alltages und der Tagespolitik."
Mehr zu Ihrer so bemerkenswert beweglichen Argumentationsstruktur liefere ich demnächst in meiner Bilanz zum SONNTAG-Gesprächsprozess. Die dürfte in ca. 2 - 3 Wochen für jedermann zugänglich sein.
In alter und immer wieder neuer Herzlichkeit
A.Rau
Lieber Herr Roth,
vielen Dank für diesen Artikel. Ja, das muß auch zur Sprache kommen, wenn man eine zielorientierte Diskussion über die Zukunft einer Gesellschaft haben will. (Natürlich gibt es auch die passende Petition dazu: http://www.buergerrecht-direkte-demokratie.de/linksextremismus/ :-)) Aber mit Steuergeldern gefördert werden sollten weder Extremisten von der Einen noch von der anderen Seite - wie groß die Schnittmengen zwischen den Außenbereichen der Gesellschaft sind, zeigt ja jetzt praktisch Griechenland. Es ist weder gutzuheißen, wenn Naziextremisten morden (wobei ich bei manchem auch erstmal den Ausgang des Prozesses abwarten würde, damit nicht propagandistische Blamagen wie Sebnitz oder Khaled B draus werden), noch wenn (kauman die Öffentlichkeit gebrachte) Ehrenmorde stattfinden, noch wenn es tätliche Angriffe auf Organe der Staatsgewalt oder öffentliche Einrichtungen gibt. die Justitz einer Demokratie ist im Übrigen so ausgerichtet, daß ein Verbrechen nicht ein anderes rechtfertigen kann! Das sollten sich hier auch einige hinter die Ohren schreiben!
Viele Grüße
Britta
Lieber Paul,
was ist denn so schlimm daran, wenn der Redakteur einer Kirchenzeitung über den Graben springt und die Welt - ausnahmsweise einmal!? - so beschreibt, wie sie von der A-Seite aus wahrgenommen wird?
A.Rau
Gert Flessing schreibt:
29. Januar 2015, 8:21
Lieber Herr Flessing, ich fürchte auch, das Sie konservativ sind. Aber das ist ja nicht schlimm. Schlimm sind Fundamentalisten jeder Couleur, weil sie Argumenten gegenüber nicht zugänglich sind – bzw. diese nicht als Argumente anerkennen (Wobei mancher Geisterfahrer die Entgegenkommenden ja für solche hält!).
Die Reichendiskussion hat sehr viel mit den Fragen zu tun, die wir hier verhandeln. Das kann Britta Ihnen sicher besser erklären (Ich fürchte, sie ist auch konservativ.)
Es ehrt Sie, dass Sie bei Einkaufen an Wasserflaschen, Kartoffeln und Grillkohle denken.
Ich will Sie nicht mit Buchtipps langweilen. Aber wenn Sie doch mal die Politeia läsen, wären Sie wahrscheinlich erstaunt, was da schon alles analysiert ist. Sie können natürlich sehr gern die Kritik der Propheten daneben legen.
Die von Ihnen angesprochene Gedankenlosigkeit scheint allerdings in der Tat ein Hauptproblem zu sein. Nicht nur bei den armen Reichen.
Herzlich
Ihr Paul
Lieber Paul, die Politeia ist immer lesenswert. Wenngleich die Langatmigkeit ein wenig ermüdend ist. Aber die Vorstellung, die mir da begegnet, wie der optimale Staat aufgebaut sein könnte, ist recht interessant. Die Herrschaft der Weisen. ...
Ich verstehe es ja, dass die Reichendiskussion etwas mit all dem zu tun hat. Aber ich bin nicht so optimistisch, dass ich an eine grundlegende Veränderung der Gesellschaft glaube. Aber ich fürchte, das hatten wir auch schon mal.
Die Sozialkritik der Propheten ist mir sehr nah. Gerechtigkeit, nicht Opfer. Dahinter steht auch das Sabbatjahr und ähnliche Gedanken, die eine Forderung nach einer anderen Gesellschaft fundamentieren.
Es hat bei den alten Juden nicht wirklich geklappt. Es hat später nicht geklappt - die erste Gemeinde in Jerusalem ist auch aus wirtschaftlichen Gründen zugrunde gegangen.
Es hat mit der Marxschen Theorie in der Leninschen Praxis nicht geklappt und was wir hier erlebt haben war davon nur ein müder Abklatsch.
Ich habe jetzt ein wenig in Ludwig Erhards "Wohlstand für alle" geblättert und vieles davon leuchtet mir ein und weist gleichzeitig auf Entwicklungen hin, die damals schon zu sehen waren und deren Folgen wir heute spüren - wie der Griff in die Rentenkasse.
Ich habe von wirtschaftlichen Zusammenhängen so viel Ahnung, wie ein Walross vom Eier legen, aber das vieles schief läuft, merke ich auch und die Globalisierung muss das ja noch verschlimmern.
Ob wir es wirklich zum Besseren hin ändern können, darf ich bezweifeln.
Gert Flessing
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