Ist doch klar, was gut ist, oder?
Wäre die Kirche eine Firma, könnte sie sagen: Wenn Kunden weglaufen, sollen sich Mitarbeiter mehr anstrengen – denn es liegt an der Qualität. Aber die Kirche ist keine Firma.
Bei solchen Zahlen muss es einem Unternehmer in den Fingern kribbeln: Die Kirchenmitglieder werden immer weniger – lässt sich da nicht etwas drehen? Pfarrer müssten stärker nach Leistung bezahlt und durch Karriere-Chancen gelockt werden, forderte der frühere Direktor der Unternehmensberatungsfirma McKinsey und heutige Vorsitzende des Arbeitskreises evangelischer Unternehmer, Peter Barrenstein.
»Leistung im Pfarrerberuf kann man nicht auf eine Formel bringen«, sagt dagegen Matthias Große, Vorsitzender der sächsischen Pfarrervertretung. »Manchmal brauche ich für eine gute Predigtvorbereitung nur zwei Stunden, ein anderes Mal bin ich nach acht Stunden noch nicht zufrieden. In manchen Wochen habe ich drei Beerdigungen, manchmal nur eine im Monat. Und an der Zahl der Besucher lässt sich auch nicht die Qualität eines Gottesdienstes festmachen.«
Die Effizienz vieler Gespräche und Besuche ist nicht messbar – doch gerade sie bestimmen für viele Christen die Verbundenheit zu ihrer Kirche, zeigte die jüngste EKD-Mitgliedschaftsuntersuchung.
»Ich beobachte, dass unter Pfarrern oft Qualität und Quantität verwechselt werden«, sagt Tilo Mahn, der als Direktor des Leipziger Instituts für Seelsorge und Gemeindepraxis Vikare ausbildet und Pfarrer berät. »Manche übersetzen Qualität mit: Ich muss viel arbeiten, damit es gut wird.« Leistungsprämien würden nur dazu führen, dass ambitionierte Theologen in Gemeinden mit hohen Erfolgsaussichten drängen.Auch der Vorsitzende der sächsischen Pfarrervertretung meint: »Im Pfarrberuf geht es derzeit nicht zu allererst ums Geld.« Höhere Gehälter für höhere Funktionen in der Kirche hält er für »höchst problematisch«. »Unsere Kirche ist doch von unten her aufgebaut.« Viel mehr als Geld brenne den beamteten Pfarrern häufig die Frage nach Lebensqualität und Freiräumen für die Familie auf den Nägeln, sagt Große. So wäre für zusätzliche Arbeit wie bei Vakanzvertretungen etwas Zusatzurlaub denkbar.
In der Wirklichkeit werden kirchliche Mitarbeiter oft zwischen den eigenen Ansprüchen und denen von immer mehr zusammengelegten Gemeinden zerrieben. Wie da noch von Qualität reden? Die Mitarbeiter brauchen dafür mehr Unterstützung denn je.
Immer mehr Pfarrer nehmen das Angebot der Landeskirche an, sich von erfahrenen Kollegen in einer Supervision in ihrer Arbeit begleiten zu lassen. 47 waren es im letzten Jahr – bei über 700 sächsischen Pfarrern eine kleine Minderheit. »Hierfür könnte die teilweise noch anzutreffende Anschauung eine Rolle spiele, Supervision sei ausschließlich als Instrument zur Konfliktbewältigung geeignet oder sei ein Zeichen von Schwäche«, sagt Oberkirchenrat Frank del Chin, Referent für Seelsorge im Landeskirchenamt. »Es ist genau andersherum als ein Zeichen von Professionalität im Dienst zu werten.« Bei vielen Psychologen und Sozialarbeitern ist Supervision längst Pflicht.
In den immer größer werdenden Kirchenbezirken fällt den Superintendenten eine wirkliche Begleitung ihrer Mitarbeiter immer schwerer. Und auch die zwölf ehrenamtlichen Gemeindeberater der Landeskirche können den immer komplexer werdenden Anfragen kaum noch nachkommen. »Andere Landeskirchen haben dafür ein Team aus Hauptamtlichen«, sagt Pfarrer Frank Bohne, Koordinator der Berater. »Wir sind da schwach aufgestellt.«
»Entscheidend ist die Frage nach den Strukturreformen, das ist das größte Problem«, sagt Pfarrervertreter Matthias Große. Wenn größere Gemeindeverbünde gebildet würden, in denen Verwaltungsleiter den Pfarrern Arbeit abnähmen, hätten die Theologen mehr Freiräume für Seelsorge und Verkündigung – letztlich: für mehr Qualität.
Impressionen vom Elbe-Tauffest
Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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