»Da reicht der kleinste Funke«
Christliche Flüchtlinge fühlen sich mitunter in Heimen bedroht – doch wie groß das Problem wirklich ist, bleibt im Dunkeln. Und auch die Gründe für Konflikte sind vielschichtig.
Spricht man mit christlichen Flüchtlingen, deuten sie es oft nur an: Wer an Jesus Christus glaubt, zeige das besser nicht zu offen in Heimen und Erstaufnahmeeinrichtungen. Mehr wollen oder können sie meist nicht sagen.
Beim Dresdner Pfarrer Michael Schubert stand eines Morgens ein junger Eritreer vor der Tür. Der Christ habe ihm berichtet, wie ihn drei muslimischen Zimmergenossen mit dem Messer bedroht hätten, wie er sich gewehrt und ihm die Heimleitung daraufhin ein Hausverbot erteilt habe, erinnert sich der Pfarrer der St. Pauli-Gemeinde, in der Eritreer Gottesdienste feiern. Es ging auch um eine abgebaute Türklinke im gemeinsamen Zimmer und um eine verstopfte Toilette.
»Es ist schwierig, das alles immer gleich als Religionskonflikt zu bezeichnen«, sagt der Dresdner Pfarrer. »Aber die Religion spielt in solchen Auseinandersetzungen manchmal eine große Rolle. Und gefühlt ist bei den Betroffenen auf jeden Fall die Angst da: Ich bin bedroht, weil ich Christ bin.«
Diese Angst bringen die Asylbewerber aus ihrer Heimat und von ihrer Flucht mit, sie hat sich ihnen oft tief eingebrannt. Gegenüber einer großen Anzahl Muslimen sind Christen unter den Geflüchteten auch in den Heimen eine kleine Minderheit. Auch die mutmaßlichen muslimischen Täter sind eine Minderheit.
»Es werden christliche Flüchtlinge verbal bedroht, aber es ist keine Christenverfolgung«, sagt der Flüchtlingskoordinator im Kirchenbezirk Aue, Michael Beyerlein. Als Pastor und bei Gottesdiensten in den Erstaufnahmeeinrichtungen in Chemnitz und Schneeberg habe er noch nie Probleme mit Muslimen gehabt. Auch Pfarrer und Pfarrerinnen, die mit Flüchtlingen arbeiten, wie die stellvertretende Leipziger Superintendentin Dorothea Arndt, haben von solchen negativen Erfahrungen christlicher Asylbewerber gehört – und halten sie für glaubwürdig. Bei der Polizei jedoch gibt es dazu keine Statistiken. »Es gibt Auseinandersetzungen unter Asylbewerbern, in denen die Beteiligten unterschiedlicher Religionszugehörigkeit sind – aber es ist unsicher, ob das der Auslöser war«, sagt der Sprecher der Polizeidirektion Görlitz, Thomas Knaup. »In mehr als 80 Prozent solcher Fälle liegt der Grund im übermäßigen Alkoholgenuss.« Schnaps oder Bier, dazu die Enge in den Zimmern und Heimen, verschiedene Kulturen und verordnete Langeweile, »da reicht der kleinste Funke«, sagt der Polizist.
Mit Blick auf eine Massenschlägerei zwischen rund 100 Asylbewerbern in der Erstaufnahmeeinrichtung Niederau bei Meißen, die sich offenbar an der Überschreitung festgelegter Gebetszeiten entzündet hatte, sagt der Dresdner Polizeisprecher Marko Laske: »Es geht eben nicht um Religionsfragen, sondern vielmehr um organisatorische Belange, die zu Streitigkeiten und wie in diesem Einzelfall zu Auseinandersetzungen führen.« Das Deutsche Rote Kreuz und die Johanniter als große Betreiber von Flüchtlingsunterkünften in Sachsen geben an, ernsthafte religiöse Konflikte seien ihnen nicht bekannt.
Gegenüber Flüchtenden, die sich in Deutschland taufen lassen, kommt in den Heimen mitunter noch etwas hinzu: Neid und Skepsis. Mit dem Übertritt zum Christentum wollten sie nur bessere Asylchancen erreichen, würden manche Muslime den Getauften vorwerfen – so berichten es kirchliche Mitarbeiter, die sie begleiten.
Gemeinden in ganz Sachsen versuchen, Christen unter den Flüchtlingen – so wie andersgläubigen Asylbewerbern auch – zu helfen. Der Dresdner Pfarrer Michael Schubert begleitete den eritreischen Christen zu Behörden auf der Suche nach einer Bleibe. Heute wohnt er bei einer deutschen Familie. Und das funktioniere gut, sagt Pfarrer Michael Schubert.
Impressionen vom Elbe-Tauffest
Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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