Mit geistlicher Vollmacht
Nachruf: Altbischof Johannes Hempel ist am 23. April im Alter von 91 Jahren verstorben. Er prägte den Weg der sächsischen Landeskirche durch die herausfordernde Zeit der DDR und Wiedervereinigung.Nun hat Gott der Herr unseren einstigen Landesbischof in hohem Alter nach einem erfüllten, gesegneten und segensreichen Lebensweg zu sich in die Ewigkeit gerufen. 22 Jahre war Johannes Hempel von 1972 bis 1994 unser Landesbischof und hat besonders in den dramatischen Zeiten vor und nach 1989 mit großer geistlicher Vollmacht gewirkt und wichtige Impulse gesetzt. Seiner Weisheit und seinem Rat verdankt unserer Kirche sehr viel.
Am Beginn seiner Dienstzeit als Landesbischof stand die Herausforderung unserer Kirche, als »Zeugnis und Dienstgemeinschaft« einen offensiven Platz inmitten des den Wirkungsbereich der Kirche immer weiter zurückdrängenden diktatorischen Systems zu behaupten. Zusammen mit unvergessenen Persönlichkeiten wie Johannes Cieslak gab Johannes Hempel damals unserer Landeskirche ein theologisch fundiertes gesundes Selbstbewusstsein.
Die Jahre zwischen 1982 und 1989 waren geprägt von der Ungeduld vor allem junger Menschen, die auf Veränderungen des zunehmend erstarrenden politischen Systems in der DDR drängten. In dieser aufregenden Zeit prägte Hempel den Begriff vom »begrenzten politischen Mandat der Kirche«. 1986 sagte er dazu in der ihm eigenen tiefen Ernsthaftigkeit vor unserer Landessynode: »Wenn wir als Gesamtkirche, ob es erwünscht ist oder nicht, in nüchternem Ernst zu Lebensfragen des Volkes Stellung nehmen, dann sind wir nicht außerhalb des Willens Gottes. Wir müssen uns zwar immer wieder genau überlegen, wie weit wir gehen können und ob wir nüchtern genug sind. Aber wir werden sprechen müssen, wenn es nötig ist. Wir können das nur tun, wenn wir ein von Gott getragenes Gewissen haben.« Diese Sätze umschreiben eindrücklich die damals auszuhaltenden und zu lösenden Spannungen, die nicht zuletzt auf dem Landesbischof in seiner hohen Gesamtverantwortung damals lagen.
Die Schlussphase des Dienstes von Johannes Hempel war nach dem Wunder des Herbstes 1989 die Herausforderung, die östlichen und westlichen evangelischen Landeskirchen in eine gemeinsame neue Zukunft zu führen. Es galt, aus unterschiedlichen Vergangenheiten zu neuer Gemeinsamkeit zu finden. Im ersten nun wieder gemeinsamen Rat der EKD hatte Johannes Hempel als Stellvertreter des Ratsvorsitzenden daran einen gewichtigen Anteil. Hinzu kam sein großes ökumenisches Engagement. Über lange Jahre war er einer der sieben Präsidenten des Ökumenischen Rates der Kirchen. Die Weite des da Erlebten hat er unserer Kirche nachdrücklich vermittelt.
Als Mensch und Theologe war er in der ihn auszeichnenden erstaunlichen Mischung von bohrendem Tiefgang, sparsamen Optimismus, scheuer Herzlichkeit und sächsischer Verschmitztheit schlicht das, was man unbedingt glaubwürdig nennt. Johannes Hempel hat von sich selbst öfter in großer Bescheidenheit gesagt: »Zuerst war ich ein Prediger des Wortes Gottes«. Ja, das war er in unvergesslicher Weise.
Die letzten Jahre seines nun vollendeten Erdenweges waren gezeichnet von liebevoller Sorge um seine schwer erkrankte Ehefrau und nach ihrem Tod – für alle, die ihn zu begleiten versuchten – von bewegender innerer Einsamkeit und Sehnsucht nach Aufnahme in Gottes Ewigkeit. In seinem Innersten war unser so prägender und geistig und geistlich so einmalig ausstrahlungsstarker Landesbischof Dr. Hempel immer ein tief angefochtener Mann. Die Frage, ob er in den wahrlich schwierigen Zeiten, in denen er unser Landesbischof war, alles richtig gemacht hat, trieb ihn innerlich um. Aber wenn uns unser Herz verklagt, ist Gott größer als unser Herz. Diesen inneren Frieden durfte er in seinen allerletzten Lebensjahren liebevollst versorgt im Schwanenhaus der Diakonissenanstalt Dresden erleben.
Und als die nun Zurückbleibenden können wir nur in großer Dankbarkeit sagen: Der Herr der Kirche hat uns mit unserem nun in die Ewigkeit abberufenen Landesbischof und Bruder Dr. Johannes Hempel reich gesegnet.
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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