In den Stürmen des Lebens

Bibelsonntag: Unter dem Motto »Zwischen Schiffbruch und Aufbruch« wird am Sonntag in vielen Gemeinden in der Bibel nach Halt und Hilfe in den Krisen der Zeit gesucht.
Von Stefan Seidel
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Wenn am Sonntag zahlreiche evangelische und katholische Gemeinden den Ökumenischen Bibelsonntag begehen, steht eine dramatische Bibelgeschichte im Mittelpunkt: Die Seenot des Apostels Paulus auf einem Schiff zwischen Kreta und Malta (Apostelgeschichte 27). Dort ist die Rede von einem plötzlich »losbrechenden Sturmwind«, einem tagelangen »gewaltigen Ungewitter«, das nach und nach alle Hoffnung auf Rettung schwinden ließ. Doch inmitten des großen Untergangs erhebt Paulus das Wort und spricht zu den verängstigten Mitreisenden: »Seid unverzagt; denn keiner von euch wird umkommen, nur das Schiff.« Und er beruft sich auf die Vision eines Engels, die ihm zuteil wurde und in der ihm Gott Bewahrung versprach. Doch zuvor musste noch wochenlange Bedrängnis und Todesfurcht durchstanden werden. Die Depression war so groß, dass die Schiffsbesatzung keine Nahrung mehr zu sich nahm und resigniert auf den Untergang wartete. Am 14. Tag des Unglücks mahnte Paulus seine Mitreisenden zur Nahrungsaufnahme und brach selbst das Brot und begann zu essen. Und die anderen fassten Mut, begannen auch zu essen und neue Hoffnung zu schöpfen. Bald darauf erblickten sie das rettende Ufer. Kurz vor dem Ziel zerbrach das Schiff, aber sie schwammen – zum Teil mit Hilfe von Brettern – an Land. »Und so geschah es, dass sie alle gerettet ans Land kamen.«

Es ist, als sei diese Geschichte ein Bild für die gegenwärtige Situation: Pandemie, Krieg und Klimakatastrophe sind große Stürme unserer Zeit, mit denen wir zu kämpfen haben. Hinzu kommen persönliche Krisen. Häufig erscheint dabei der Schiffbruch näher als der Aufbruch. In Zeiten, in denen bisher tragende Sicherheiten und Gewissheiten wanken, stellt sich die Frage: Was trägt? Und: Wie kommen wir durch die Krisen?

Entscheidend ist offenbar vor allem die innere Haltung: Rechne ich mit Untergang oder mit Rettung? Überlasse ich mich der Aussichtslosigkeit oder habe ich Hoffnung? Dringt im Getöse des Sturms Gottes Wort »Fürchte dich nicht« hindurch? Vermag ich es, auch über den Rand der Katastrophe hinaus zu sehen und zu denken? Und: Ist es mir möglich, mit größeren Kräften als den eigenen zu rechnen, mich ihnen zu überlassen, ihnen zu trauen?

Das »Rezept«, das in dieser Geschichte des Paulus steckt, heißt: Zuerst muss an Rettung wirklich geglaubt und mit ihr gerechnet werden. Dann sollte sich gestärkt und Ausschau nach einem rettenden Ufer gehalten werden. Hernach heißt es, im Vertrauen auf Gottes Rettungszusage Kurs zu halten auf ein neues Land, um dann das zerbrochene Schiff zu verlassen und tapfer dem Rettenden entgegenzugehen – in der Gewissheit, in Gott unendlich geborgen zu sein. Aus eigener Kraft ist eine solche innere Ausrichtung auf die Rettung durch Gott schwer möglich. Deshalb braucht es einen Paulus – oder die Vision eines Engels –, die einem davon künden und das laute Getöse aller Angstmacher und Untergangspropheten übertönen.

Für den Theologen Klaus-Peter Hertzsch (1930–2015) war die Bibel ein solches Licht in den Stürmen der Zeit. Die Bibel könne den Ursprung und das Ziel unserer Reise orten, sagte er in dem Vortrag »Leben mit der Bibel« (1991). Die Bibel sei eine Erfahrung des »offenen Himmels« . Das verändere alles von innen her. Jakob, Stephanus, die Hirten von Bethlehem sahen einen Moment den Himmel offen und »auf einmal wissen sie, wo sie wirklich sind: In der Heilsgeschichte Gottes.« Jakob weiß nach seinem »traumhaften Durchblick« zur Himmelsleiter: »Gott hat seinen Blick auf mir.« So kann er – auch bei scheinbar unveränderter Situation – getrost seinen Weg gehen. Hertzsch bekennt: »Mit der Bibel leben heißt deshalb für mich zu erfahren, dass unser Weg nicht ins Gleichgültige geht, sondern ins Endgültige. Mit der Bibel leben heißt deshalb für mich: Leben im Hoffnungslicht.«

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