»Eine verheerende Botschaft«
Der Leipziger Ex-Thomaskirchenpfarrer Christian Wolff attackiert sächsische Landesregierung wegen ihrer Kohle-Politik – auch Landeskirche in der Kritik.
Zwölf Jahre lang war Christian Wolff Pfarrer an der Leipziger Thomaskirche. 2014 ging er in den Ruhestand, der Stadt aber blieb er als mahnende und stets kritische Stimme erhalten – auch in Sachen Klima und Umwelt. Bei dem am Sonnabend beginnenden Klimacamp im südlich von Leipzig gelegenen Dörfchen Pödelwitz, das wegen der Braunkohleförderung von der Abbaggerung bedroht ist, predigt Wolff im Abschlussgottesdienst am 5. August. Mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) sprach er vorab über seine Motivation.
Was hat Sie zu Ihrem Einsatz für die rund zwei Dutzend verbliebenen Pödelwitzer Bürger bewogen?
Zum einen habe ich im Kirchspiel Groitzsch, zu dem Pödelwitz gehört, zuletzt bereits häufiger Gottesdienstvertretungen übernommen. Zum anderen ist es schlicht katastrophal, dass hier über Jahrhunderte gewachsene Traditionen zerstört werden sollen, sozusagen für ein Linsengericht, für eine Energiegewinnung von gestern. Und das wird von denselben Leuten verantwortet, die ansonsten vollmundig von Heimat sprechen.
Wen meinen Sie damit?
In Sachsen natürlich vor allem Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). Der lässt sich auf der einen Seite andauernd über Heimat, Leitkultur und ähnliches aus, gibt für die Braunkohle aber zugleich die Parole vor, dass sich bis 2040 nichts ändern wird. Das ist politisch fatal, weil es bedeutet, in den nächsten 20 Jahren lehnt man sich zurück und sagt, über Strukturwandel reden wir dann ab 2030 wieder. Das ist eine verheerende Botschaft.
Wie erklären Sie sich das Zögern der Politik beim Kohleausstieg?
Es gibt eine Gedanken- und Ideenlosigkeit und letztlich auch eine Bequemlichkeit, einfach so weiterzumachen wie bisher. Und dann sind da die Energiekonzerne, die sich noch hohe Renditen versprechen, sich aber vor der Übernahme der Folgekosten drücken.
Was müsste sich aus Ihrer Sicht ändern?
Letztlich weiß jeder, dass Braunkohle immens umweltschädlich ist – beim Abbau genau wie bei der Nutzung. Dabei fordert niemand, dass der Abbau gleich morgen eingestellt werden soll. Der Ausstieg aus der Kohle muss sozialverträglich gestaltet werden. Dazu müssen in den betroffenen Regionen nach und nach vernünftige Infrastrukturen aufgebaut werden. All das dauert seine Zeit – aber damit muss spätestens jetzt begonnen werden.
Welche Rolle kann die Kirche dabei spielen?
Die Kirchgemeinde vor Ort spielt hier eine sehr gute Rolle und hat sich deutlich positioniert. Aber die sächsische Landeskirche agiert leider auch hier nach dem Motto »Hoffentlich merkt niemand, dass es uns gibt«. Ich wünsche mir da eine klare Positionierung, dass das Dorf Pödelwitz nicht wegen der Förderung von ein paar Tonnen Kohle abgebaggert werden darf.
Wie erklären Sie sich das mangelnde Engagement seitens der Kirche?
Die Kirche sollte sich an die Ergebnisse des konziliaren Prozesses vor 20 Jahren erinnern und einen Beitrag dazu leisten, dass das Klima geschützt und die Schöpfung bewahrt wird. Kirche sollte sich als Mitgestalter des Strukturwandels zur Verfügung stellen. Leider ist diese Geistesgegenwart in unserer Kirche ziemlich unterentwickelt. Ich habe derzeit nicht den Eindruck, dass die sächsische Landeskirche als eine gestalterische Kraft unserer Gesellschaft auftreten möchte.
Impressionen vom Elbe-Tauffest
Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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