Aufbrechen aus der Routine
Sachsens Landessynode hat sich angesichts sinkender Mitgliederzahlen grundsätzlichen Fragen zur Zukunft der Kirche gestellt. Einfache Antworten und fertige Lösungen gibt es nicht.
Sachsens evangelischer Landesbischof Tobias Bilz geht davon aus, dass sich die Institution Kirche für die Zukunft neu aufstellen muss. Dafür brauche es eine klare Orientierung, sagte Bilz am Samstag auf der Synodentagung der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens in Dresden. „Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass auch für uns als Kirche der Zeitpunkt kommt, an dem wir in völlig neuen Verhältnissen unsere Arbeit gestalten müssen“, betonte er.
Ein Aufbruch werde allerdings erst dann gelingen, wenn er einem Ruf folge. Ohne ein „erstrebenswertes Ziel“ werde es keinen dynamischen Aufbruch geben. In einem Vortrag vor der Synode benannte Bilz aktuelle Herausforderungen für die Landeskirche, etwa die Folgen der Corona-Pandemie, Strukturreformen, Vakanzprobleme und Nachwuchssorgen sowie Fälle von sexualisierter Gewalt.
Zudem sprach der Bischof vom „Dauerdruck des Mitgliederschwundes, der an unseren Nerven zehrt“. Zur Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens gehörten Ende 2022 rund 610.500 Protestantinnen und Protestanten. Unter allen Umständen bleibe es die Aufgabe der Kirche, das Evangelium von Jesus Christus in die Welt zu bringen. Bilz forderte eine „zeitgemäße Verkündigung in Wort und Tat“.
Der Religionspädagoge Michael Domsgen plädierte dafür, in der Kirche experimentierfreudiger zu werden und traditionelle Wege zu hinterfragen. Es gehe nicht um das „absolut Richtige“, was zu tun ist, sagte er. Vielmehr brauche es „ein mutiges Probieren mit den zur Verfügung stehenden Möglichkeiten“.
Domsgen lehrt an der Universität Halle und ist Mitglied im Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Der Religionspädagoge betonte: Bestehende Strukturen seien nicht alternativlos, Kirche könne auch anders gestaltet werden. „Wer einen Neuanfang wagen will, der muss mit Routine brechen“, sagte er. Kirche dürfe nicht mehr nur stationär gedacht werden, sondern auch ambulant. Sie müsse dorthin gehen, wo die Menschen sind. Dabei gehe es immer auch darum, „glaubwürdig zu agieren“.
Die ehemalige sächsische Synodalpräsidentin Gudrun Lindner sagte in der Debatte: „Wir haben ein paar Updates verpasst.“ Seit 30 Jahren beschäftige sich ihre Kirche mit „denselben Themen“, etwa Fragen des Pfarrerbildes oder der Verwaltung. Dabei sehe sie nicht, „dass wir weitergekommen sind, jedenfalls nicht strukturell“.
Die sächsische Landeskirche sei eine „Kirche der Stagnation“ geworden, keine „lebendige Kirche“ mehr. Es brauche „Mut zu grundsätzlichen Änderungen“, forderte Lindner. So könne etwa der Beamtenstatus von Pfarrerinnen und Pfarrern aufgehoben werden, um mehr Flexibilität zu erreichen.
Die Synode hatte ihre Beratungen am Samstag unter dem Motto „Wo kommst du her? Wo willst du hin? – Kirche in der Zwischenzeit“ gestellt. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund sinkender Mitgliederzahlen sollte gefragt werden, was es zu bewahren gilt und wo Veränderungen notwendig sind. Am Nachmittag kamen die 80 Synodalen in mehreren Arbeitsgruppen zum Thema zusammen. Danach wurden ihnen fünf missionarische Projekte der landeskirchlichen Initiative „Kirche, die weiter geht“ vorgestellt, die zeigten, wie wichtig das Thema Zeit für Beziehungs- und Gemeindearbeit ist.
Impressionen von der Frühjahrstagung der Landessynode:
Impressionen vom Elbe-Tauffest
Impressionen vom Elbe-Kirchentag in Pirna
Festtag 100 Jahre Glaube + Heimat
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