Liebe Britta,
nach dem Kennenlernen von Heidi Mund verstehe ich, wie Du denkst! Danke für das Outing! Aber auf dieser Ebene werden wir nicht übereinkommen.
Viele Grüße
Johannes
Der Mann kam mit Frau und Neffen in das fremde Land. Sie hatten keinen Krieg im Rücken, wurden nicht um ihres Glaubens willen verfolgt. Es war der Hunger, sie waren Wirtschaftsflüchtlinge. Nur Wirtschaftsflüchtlinge, würden viele heute sagen, können und müssen wir all die Hungerleider dieser Welt denn aufnehmen? Die Ägypter damals taten es. Hätten sie die Fremden abgeschoben, gäbe es heute vielleicht keine Bibel, kein Volk Israel, kein Evangelium. Der Mann hieß Abraham.
Der jüdische Glaube ist samt seiner jüngeren Schwester, dem Christentum, ein Flüchtlingsglaube. Unbehaust, unterwegs, oft genug in der Geschichte verfolgt. Auch Abrahams Enkel Jakob floh mit seinen Söhnen vor dem Hunger ins reiche Ägypten. So erzählt es die Bibel. Und sie hat dieses Flüchtlingsschicksal nie vergessen, es hat sich tief in ihre Moral eingeschrieben.
»Wenn ein Fremdling bei euch wohnt in eurem Lande, den sollt ihr nicht bedrücken«, so steht in den Gesetzen, die Mose von Gott empfing (3. Mose 33). »Er soll bei euch wohnen wie ein Einheimischer unter euch, und du sollst ihn lieben wie dich selbst; denn ihr seid auch Fremdlinge gewesen in Ägyptenland.«
Wie ein Echo zieht sich diese Mahnung durch das Alte Testament. Denn dass Flüchtlinge immer wirtschaftlich und rechtlich in Gefahr waren, das wusste das Volk Israel selbst nur zu gut. Ihr Schutz war in biblischer Zeit durchaus alles andere als eine Selbstverständlichkeit – in Mesopotamien beispielsweise kümmerten sich die Gesetze nicht um sie. Israel ging sogar noch einen Schritt weiter: Nicht nur passiv dulden sollte das Volk die Fremden, sondern ihnen aktiv unter die Arme greifen. Auch finanziell. Auf den Feldern und in den Weinbergen sollte etwas für die Fremdlinge übrig gelassen werden (3. Mose 19,10), alle drei Jahre sollte sogar ein Zehntel der Ernte für die Flüchtlinge, Waisen, Witwen und Leviten in der Stadt gespendet werden (5. Mose 14,28).
Soweit der Anspruch. Die Wirklichkeit freilich sah auch in Gottes Volk oft anders aus. Egoismus ist kein modernes Phänomen. Angst vor dem Fremden auch nicht. Das ist menschlich.
Doch Gott will mehr. Deshalb forderten die Propheten immer wieder in scharfen Worten Recht und Gerechtigkeit für die Fremdlinge von den Gläubigen. »Aber sie machten ihre Herzen hart wie Diamant, damit sie nicht hörten das Gesetz und die Worte, die der Herr Zebaoth durch seinen Geist sandte durch die früheren Propheten«, schrieb der Prophet Sacharja, als das Unheil in Form der babylonischen Unterwerfung des Volkes Israel hereingebrochen war. »Daher ist so großer Zorn vom Herrn Zebaoth gekommen.« (Sacharja 7,12). Denn am Ende, daran lässt die Bibel keinen Zweifel, ist es Gott selbst, der die Sache der Flüchtlinge zu seiner Sache macht (Psalm 146,9).
Mehr noch: Als Gott selbst in Jesu Mensch wird, erzählt der Evangelist Matthäus seine Geschichte als die Geschichte eines Flüchtlings. In Jesu Stammbaum tauchen die Flüchtlinge Abraham, Jakob und Ruth aus dem Alten Testament auf, Jesus selbst muss als Neugeborener mit seinen Eltern vor den Mordplänen des Königs Herodes nach Ägypten fliehen (Matthäus 2, 13).
Die historische Wahrheit daran ist schillernd, theologisch aber ist sie eindeutig. Jesus erklärt sie im Gleichnis vom barmherzigen Samariter und später in seiner Rede über das Weltgericht des Menschensohnes (Matthäus 25). »Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich aufgenommen«, wird er zu den Gerechten sagen, die das ewige Leben erben. »Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.«
Wer diese unbehausten Fremden nicht aufnimmt, der lässt auch Gott draußen vor der Tür.
Liebe Britta,
nach dem Kennenlernen von Heidi Mund verstehe ich, wie Du denkst! Danke für das Outing! Aber auf dieser Ebene werden wir nicht übereinkommen.
Viele Grüße
Johannes
Auch wenn wir nicht auf einen gemeinsamen Nenner kommen, lieber Johannes: daß Du Heidi Mund kennengelernt hast, war mir die Sache schon wert!
Ich denke zudem, daß der zuvor eingestellte Text des Konvertiten Jesus und Mohammed nicht im Sinne von Propheten, sondern von Religionsstiftern vergleicht! Da es von jemandem geschrieben wurde, der sich besser im Islam auskennt als Du und ich, halte ich es schon für ein bewegendes Zeugnis, was nicht so leicht wegzuwischen ist!
Freundliche Grüße
Britta
Liebe Britta!
Nur, dass eben Jesus kein Religionsstifter war, sondern gläubiger Jude, der den Glauben an JHWH wieder lebendig machen wollte. (Wenn man mit Karl Barth reden will, ist Christus gerade das Ende der Religion; während die Zuwendung in den Religionen von den Menschen zu Gott geht, ist Jesus die Zuwendung Gottes zu den Menschen - und das ist nun wahrlich nicht mit Mohammed zu vergleichen. Wenn, dann gehört er auf die Ebene der nt. Propheten, die aufschrieben, was der Geist Gottes ihnen eingab. Und bei Mohammed war es der Engel Gabriel). Und der große Unterschied bleibt: Dass ihn die Gläubigen als den Sohn Gottes verehren. Wenn, dann gehört Jesus im Sinne der Trinität auf die Ebene Allahs und nicht Mohammeds. Ich bleibe bei meiner Einschätzung ( und das hat nichts damit zu tun, dass der Konvertit mehr vom Islam versteht), dass der Text (vermutlich wissentlich) Dinge zusammenbringt, die so nicht zusammen gehören, also mit einem populistischen Trick die einmalige Überlegenheit des Christentums und die Unmöglichkeit des Islam darstellen will. Aber eine solche propagandistische Überlegenheitsbezeugung schadet dem christlichen Glauben eher, als dass es ihm hilft; der Glaube erweist sich nicht erst auf der Negativ-Folie des Islam als wahr.
Johannes
Lieber Johannes,
ich habe nie Theologie studiert, aber zum Glück bezieht Luther die Laien mit ein. Für meine laienhafte Auffassung ist es so, daß Jesus (Gottes Sohn) christliche und jüdische Religion unterscheidet und somit für eine, vielleicht kann man auch sagen: Erneuerung des jüdischen Glaubens steht. Mithin also am Anfang des Christentums - um ihn dreht sich das Neue Testament.
Mohammed steht am Anfang des Islam, um ihn dreht sich der Koran. Insofern ist es doch ein scharf angebrachter Vergleich christliche, neutestamentliche Glaubensgrundsätze und islamische, koranbegründete Glaubensgrundsätze. Daß Jesus nicht das Pendant zu Mohammed ist, dürfte ja jedem klar sein. Auf jeden Fall fallen mir keine inhaltlichen Gegenargumente zu dem Text ein!
Viele Grüße
Britta
Mir geht es ähnlich!
Tut mir leid, liebe Britta, aber Jesus kannte keine christliche Religion. Er war Jude und hat nach den Zeugnissen der Apostel am Kreuz ein jüdisches Gebet gesprochen: Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen? - Seine Anhänger galten im römischen Reich als jüdische Sekte. Erst durch Paulus ist aus den Reden Jesu und den Aussagen über Jesus nach und nach eine Lehre entstanden, die irgendwann durch die Kirche zu einem Lehrgebäude wurde. Also: Jesus hat sich wohl nie als den "Christus", den Gesalbten Gottes, gesehen. Deshalb konnte er auch keinen Unterschied zwischen der christlichen und der jüdischen Religion machen. Die christliche Religion ist ein Kind des 2. Jhd.
Etwas möchte ich Dir noch erzählen: Ich habe gerade mich in der Reformierten Kirche durch das Requiem von Maurice Duruflé stärken lassen. Bei mir entstand die Frage: Warum habe ich so wenig Angst vor dem Tod - und dann weiter gedacht: warum habe ich so wenig Angst vor einer islamischen Schreckensherrschaft? Und deshalb möchte ich Dich fragen: Kann es sein, dass die Angstfreiheit von Christen vor dem Islam gar nicht blauäugige Naivität von linksgrünen Gutmenschen ist, sondern einfach elementares Gottvertrauen? Kann es sein, dass man Muslimen ohne VorschussMisstrauen begegnen kann, weil wir wissen: Gott hält die ganze Welt in Seiner Hand? Kann es sein, dass die Terrorimmunität von Christen auch gegen antiislamischen Gesinnungsterror immun macht?
Lies das bitte nicht als Provokation; ich frage mich schon seit langem: Warum lösen Bilder von moslemischem Terror kein Gruseln bei mir aus? Und wenn jetzt jemand sagen will: Weil Du die Augen vor der Wirklichkeit verschließt!, kann ich ihm nur antworten: Das machst Du Dir zu einfach; die Ursachen für mangelnde Angst liegen tiefer. Vielleicht wegen: In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost: Ich habe die Welt überwunden?
Nachdenklich
Johannes
Lieber Johannes,
keine Angst, ich sehe das nicht als Provokation, sondern als Dein Darlegen Deiner Sicht - genauso, wie ich Dich nicht provozieren will, sondern Dir meine Sicht plausibel darlegen will.
Auch wenn Jesus nicht auf die gründung einer neuen Religion abzielte, ist aus seinem Wirken eben doch eine geworden, bei der er am Anfang steht. Ob Mohammed wirklich primär eine neue Religion gründen wollte oder eher seine Lebensansicht konfirmieren? Ich weiß es nicht.
Natürlich hast Du Recht, daß man Gottvertrauen braucht. Jedoch ist es eine Gratwanderung: einerseits natürlich das Endvertrauen auf Gott, andererseits natürlich auch nicht eigene Untätigkeit. Ich sehe das wie mit dem, der ins Eis einbrach und dann betete: "Lieber Gott, rette mich, ich war immer sonntags in der Kirche..." Da kommt die Feuerwehr und will ihn rausziehen. Er lehnt ab, "Gott wird mir helfen" Die Feuerwehr zieht ab, der Mann betet wieder: "Lieber Gott, bitte rette mich" Erneut kommt die Feuerwehr, der Mann lehnt unter Berufung auf Gott wieder ab. Die Feuerwehr zieht ab, der mann betet erneut: "Lieber Gott, bitte rette mich, beeil Dich, ich kann nicht mehr lange..." Erneut kommt die Feuerwehr, mit letzter Kraft lehnt der Mann ab, Gott wird ihm helfen... Die Feuerwehr dreht ab. Der Mann erfriert. Vor seinem Schöpfer stehend, fragt er vorwurfsvoll: "Mein Gott, ich habe so auf dich vertraut, warum hast du mich nicht gerettet?" Da erwidert Gott: "Mein Sohn, ich hatte dir dreimal die Feuerwehr geschickt..."
Und so sehe ich das: die Dir auch bekannte Katechetin Frl. Fiedler sagte immer: Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott. Wenn ich also etwas erreichen will (oder verhindern will), dann muß ich mich zu Gottes Werkzeug machen lassen.
Vielleicht liegt es auch daran, daß das Alter angstunempfindlicher macht? Wobei, die meiste Sorge habe ich um meine Kinder, die nicht in einem bürgerkriegszerütteten Land aufwachsen sollen und nicht von muslimischen Jugendrotten bedroht werden sollen, wie das ja in manchen Großstädten auch keine Seltenheit mehr ist (s. "Das Ende der Geduld"). Vielleicht siehst Du meine Sorgen als mangelndes Gottvertrauen, ich sehe sie als Anstoß, Werkzeug Gottes zu werden und die ursachen dafür zumindest anzusprechen sowie praktische Lösungen zu suchen (im anderen Thread deutete ja L.M. sowas an - dafür bin ich immer zu haben). Was meinst Du aber mit "Terrorimmunität von Christen"? Ich betrachte mein Mißtrauen gegenüber dem Islam (nicht dem einzelnen Menschen muslimischen Glaubens!) als Produkt der Erfahrung, die ich mit ihm praktisch gemacht hatte (z.B. als Behandlerin von zwangsverheirateten Frauen) und dem, was tagtäglich auf Deutschlands Straßen passiert. Auf diese Art stelle ich mich meiner Angst!
Viele Grüße
Britta
Es ist wirklich unglaublich und kaum auszuhalten, was für Konstrukte sich manche Leute ausdenken. Und sowas wurde mal auf Kinder und Jugendliche losgelassen. (Bezieht sich auf den ersten Absatz!)!
Das andere ist dann für mich telweise frommes Gefasel, teilweise gefährliche Naivität!
Da fällt mir gerade ein:
Matth. 16:
13 Als Jesus in das Gebiet von Cäsarea Philippi kam, fragte er seine Jünger: Für wen halten die Leute den Menschensohn?
14 Sie sagten: Die einen für Johannes den Täufer, andere für Elija, wieder andere für Jeremia oder sonst einen Propheten.
15 Da sagte er zu ihnen: Ihr aber, für wen haltet ihr mich?
16 Simon Petrus antwortete: Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes!
17 Jesus sagte zu ihm: Selig bist du, Simon Barjona; denn nicht Fleisch und Blut haben dir das offenbart, sondern mein Vater im Himmel.
18 Ich aber sage dir: Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen.
19 Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; was du auf Erden binden wirst, das wird auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das wird auch im Himmel gelöst sein.
oder die Salbung mit Nardenöl, die in allen Evangelien vorkommt?
Jesus war sich demzufolge schon bewußt, wer er ist...
Nein, nein, das sehen Sie vollkommen falsch. Sie wissen doch:
"Erst durch Paulus ist aus den Reden Jesu und den Aussagen über Jesus nach und nach eine Lehre entstanden, die irgendwann durch die Kirche zu einem Lehrgebäude wurde."
EIn Jugendwart wird es doch wohl wissen!
Alles nur eine Erfindung des unmöglichen Paulus und der Kirche!
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