Oh, Herr Schuster weiß, wie es gekommen ist: Verrat von Gorbatschow an den DDR-Diktatoren und durch die Aktivität der Herrn Kohl! Chapeau!
Mein Herr, ich war von 1988 bis 1998 Verwaltungsleiter der Nikolaigemeinde zu Leipzig. Mein Bürofenster ging auf den Nikolaikirchhof, wo alles losging, Woche für Woche die Demonstrantenzahl wuchs und schließlich in dem Kerzenmarsch der 80.000 um den Ring mündete. Kerzenmarsch, gegen den die Hundertschaften Bereitschaftspolizei und die Wasserwerfer in den Nebenstraßen nicht mehr eingesetzt wurden, weil die Verantwortlichen den Befehl nicht mehr gaben. Der "Appell der Sechs" in den städtischen Lautsprechersäulen mit dem Aufruf "Keine Gewalt". Warum haben denn mein Chef Christian Führer, Sup. Magirius, mein Freund Christoph Wonneberger und viele andere die hohen staatlichen Auszeichnungen bekommen und nicht Gorbatschow? Lesen Sie den Roman "Nikolaikirche" von Loest oder sehen Sie den gleichnamigen Film. Das ist das Geschehen - die friedliche, die Kerzenrevolution.
Waren Sie dabei Leipzig, haben Sie mit der Schärpe "Keine Gewalt" an der Runden Ecke gestanden? Haben Sie Friedensgebete in der Nikolaikirche zu Leipzig gehalten? Nein, aber ich. Also ich spreche Ihnen einfach das Recht ab, die friedliche Revolution als eine Irreführung zu zu bezeichnen.
Johannes Lehnert
Bischof Bohl kritisiert geringe Wahlbeteiligung
Landesbischof fordert von Koalitionsverhandlungen Verbesserungen in der Sozial- und BildungspolitikNach der Landtagswahl am Sonntag äußerte sich Sachsens Landesbischof Jochen Bohl enttäuscht über die geringen Wahlbeteiligung. Sie habe dazu geführt, dass der NPD beinahe der erneute Einzug in den Landtag gelungen wäre. »Das Wahlrecht ist ein hohes Gut, das während der friedlichen Revolution errungen wurde. Insofern ist es bedauerlich, wenn so viele Wahlberechtigte nur 25 Jahre danach davon keinen Gebrauch machen«, sagte der stellvertretende EKD-Ratsvorsitzende. »Erleichtert bin ich, dass die NPD dennoch nicht wieder in den Landtag gewählt worden ist.«
Der Landesbischof äußerte die Hoffnung, dass die anstehenden Gespräche und Koalitionsverhandlungen zu einer Regierung führen werden, die auf dem Bestehenden aufbaut und notwendigen Neuanfängen nicht ausweicht. »Vieles wurde erreicht und in Sachsen kann man ein gutes Leben führen. Es bleiben aber gerade im Bildungs- und Sozialbereich noch viele Anstrengungen, um Verbesserungen herbeizuführen«.
Allen gewählten Abgeordneten gratulierte der Landesbischof zu ihrer Wahl in den 6. Sächsischen Landtag. »Die Parteien haben den Auftrag, die Politik in unserem Land mit zu gestalten. Dieser Verantwortung nachzukommen, erfordert ein hohes Maß auch an ehrenamtlichem Einsatz, für das wir als Wahlberechtigte nur dankbar sein können.«
Danke, lieber Herr Lehnert, für Ihre deutliche Klarstellung. Sie waren hautnah dabei. Sie haben es erlebt. Aber Sie wissen ja, das selbst dieses manche Menschen nicht dazu bringt, ihre Meinung zu ändern. Es ist halt schon in die Geschichte eingegangen, dieses Geschehen damals. Geschichte aber wird oft gerade so interpretiert, wie es in den Kram past.
Gert Flessing
Lieber Herr Schuster, leider hat Herr Bohl genau das Klientel oft genug vor sich, das Sie erwähnen.
Ja! Das Recht wählen zu dürfen, ist ein hohes Gut und Menschen sind dafür auf die Straße gegangen. sie gingen auf die Straße, weil sie die Verarsche, die in der DDR "Wahl" genannt wurde, satt hatten.
Es war sicherlich auch Gorbatschow, der eine, nicht zu unterschätzende, Rolle spielte. Seine Rolle "Verrat" zu nennen, ist schon ein wenig makaber.
Wenn die Menschen nicht auf die Straßen gegangen wären, wenn sie nicht aus den Kirchen commend, friedlich ihren Unmut kundgetan hätten, hätte keine Perestroika etwas hier bewegen können.
Es war eben nicht zunächst der Westen, sondern wir hier, die etwas in Bewegung gesetzt haben. Der Westen war zunächst entsetzt. Die da drüben haben doch mit allem möglichen gerechnet, nicht aber mit dem Volk hier. Insofern erscheinen Sie mir ein wenig geschichtsvergessen.
Gert Flessing
Lieber Johannes, 1953 wurde der Aufstand erbarmungslos niedergeschlagen, weshalb 1989 nicht? 1989 war nicht die große Tat von uns, wie sie dargestellt wird, sondern dieses Marschieren ist vor allen Gorbatschow zu verdanken, auch wenn er keinen Orden erhielt. Was unsere ersten freien Wahlen (18.03.1990) betrifft und um darum ging es mir hier (!): Erfolge die z. B. nicht auch mit Hilfe der DDR, also der sich auflösenden SED (u. a. durch das Öffnen des eiserenen Vorhangs, Mauerfall), den Blockflöten, den vielem Nichtdemostranden, selbst IMs und den Beistand des Westens. „Revolutionierende“, wie Vera Lengsfeld (privilegiertes Stasi-Offizierskind), auch wenn sie das Bundesverdienstkreuz am Bande bekam, sollte ein Bischof nicht nachplappern. Das Leipzig, die „friedliche Revolution“ das Wahlrecht abrang, ist eine zu unsachliche Aussage, auch wenn es vereinzelt so ein Plakat gab. Unser heutiges Recht zu wählen hat viele Väter.
Lieber Herr Flessing, unser Wahlrecht ist mehr als nur ein hohes Gut, sondern ist der oberste Grundwert der Demokratie. Die Abschaffung dieser freien und geheimen Wahlen geschah auch nie wegen der Nichtwähler (!) sondern das hatte andere Ursachen. Wie 1933 und 1946, als es die letzte freie Wahl in der SBZ gab, Landtagswahlen die noch weitgehend demokratische war.
Lieber Herr Schuster, ich muß schon sagen, was Sie hier vom Stapel lassen ist, gelinde und vorsichtig gesagt, sehr "gewagt"!
Nein, ich glaube die Darstellung des Herrn Lehnert entspricht da wohl eher den Tatsachen. Bei allen positiven Seiten von "Gorbi" muß man doch bedenken, daß auch er (nur) ein Kommunist war ist und bleibt!
Ich denke eher, daß unser HERR der "Macher" war!
Lieber Herr Schuster, ein bischen wirr, Ihre Schreibe. 1989 war die Macht der SU weitgehend gebrochen. Man hatte daheim genügend Probleme und Gorbatschow wollte da vieles in Ordnung bringen (was ihm leider nicht gelang). Außerdem hatte er ein Gespür dafür, das das System der DDR abgewirtschaftet hatte. Das im Sinne des Wortes. Warum sollte er in den Machterhalt dieser alten Narren Kraft und Menschen investieren?
Als hier die Bürger auf die Straßen gingen (Wo waren Sie da übrigends?) wollte man eine demokratische DDR. Man wollte Freiheit. Das war der Ansatz und - er kam aus den Kirchen, auch wenn es nicht alles Christen waren. Ihre beschimpfung von Menschen, die sich damals eingesetz haben, als "priveligiertes Kind", zeugt von ausgesprochen schlechtem Geschmack. Auch Kinder von Genossen können Rebellen werden.
Mich wundert nur, dass sie die Wende nicht als ein Geschenk der USA apostrophieren.
Gert Flessing
Lieber Gert,
danke für Deine klärenden Worte!
Kleiner Zusatz zu Deinem letzten Satz: Ich glaube schon, daß auch die Amis mindestens, wenn nicht noch mehr, uns das "Geschenk", des O.K. dazu geben mußten!
Da sollte man sich die Worte der damaligen Beraterin des amerikan. Präsidenten Bush, einer gewissen Frau C. Rice, nochmal auf der Zunge zergehen lassen: (http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-73989791.html):
"SPIEGEL: Aber Amerika hatte eine Bedingung: Das vereinte Deutschland musste volles Nato-Mitglied werden. Damals glaubte kaum jemand, dass der Präsident der Sowjetunion, Michail Gorbatschow, das akzeptieren würde. War das nicht indirekt ein Versuch der USA, die Einheit auf die lange Bank zu schieben?
Rice: Nein. Aber in der Endphase des Kalten Krieges konnten wir uns keinen Fehltritt leisten. Deutschland aus der Nato zu reißen wäre ein schwerwiegender Fehler gewesen. Es hätte das Ende der Allianz bedeutet, des wichtigsten Vehikels für amerikanischen Einfluss in Europa."
Es hätte das Ende der Allianz bedeutet, des wichtigsten Vehikels für AMERIKANISCHEN EINFLUSS in Europa. Nix Verteidigungsbündnis - Vehikel für amerikanischen Einfluß in Europa...
Wenn jemandem jetzt noch "Operation Unthinkable" in Erinnerung ist und wenn er 1 und 1 zusammenrechnen kann... dann ist das "Geschenk der Amis" mindestens ein Danaergeschenk, so schön die deutsche Einheit ist. Aber selbstlos gibt es in der Politik nicht! Den Russen hat Deutschland die Einheit teuer abgekauft, aber damit waren wenigstens die Ansprüche erledigt!
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